Bayern will Kommunalkrankenhaus zu Uniklinik machen

Bislang ist es ein großes kommunales Krankenhaus, künftig soll es Bayerns sechstes Uniklinikum sein - das Klinikum Augsburg. Regierungschef Seehofer erfüllt den Augsburgern damit einen langgehegten aber teuren Wunsch.
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Soll das sechste Uniklinikum Bayerns werden. Das Krankenhaus in Augsburg
dpa Soll das sechste Uniklinikum Bayerns werden. Das Krankenhaus in Augsburg

Bislang ist es ein großes kommunales Krankenhaus, künftig soll es Bayerns sechstes Uniklinikum sein - das Klinikum Augsburg. Regierungschef Seehofer erfüllt den Augsburgern damit einen langgehegten aber teuren Wunsch.

Augsburg – Jahrzehnte lang machten sich die Augsburger Hoffnungen darauf, dass ihre Klinik vom Freistaat übernommen und zu einem Universitätsklinikum aufgewertet wird. In München blitzten die Schwaben mit dieser Idee aber regelmäßig ab - doch dies änderte sich 2009. Bei einem Besuch in Augsburg schrieb Ministerpräsident Horst Seehofer damals kurz und knapp ins Goldene Buch: "Die Uni-Klinik kommt!!!" Das Versprechen des CSU-Chefs soll nun konkret umgesetzt werden, für den Freistaat wird das Projekt auf jeden Fall teuer werden. Wie teuer, das ist allerdings noch unklar.

Ein kleiner Schritt zum neuen Uniklinikum wird an diesem Donnerstag (11. Juni) gegangen. Dann wird ein Zentrum für Interdisziplinäre Gesundheitsforschung an der Augsburger Uni eröffnet. Dort sollen sich künftig Wissenschaftler mit Themen wie Medizinrecht, Prävention oder der Finanzierung des Gesundheitswesens beschäftigen. "Das neue Forschungszentrum belegt, wie intensiv sich die Universität unserer Stadt mit großer Kompetenz dem Thema Gesundheitsforschung widmet", sagt Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU). Es sei "ein weiterer zentraler Baustein" auf dem Weg zur Uniklinik.

Der nächste Schritt steht bereits in den nächsten Wochen an. Bayern will noch vor der Sommerpause dem Wissenschaftsrat in Köln das Konzept vorlegen. Etwa ein Jahr später könnte es dann das Votum des Expertengremiums geben, das den Bund und die Länder bei der Entwicklung der Hochschulen berät. "Der Wissenschaftsrat ist von zentraler Bedeutung", sagt Ludwig Unger, der Sprecher des Wissenschaftsministeriums in München. Die Umsetzung des Plans zum Aufbau eines Uniklinikums in Augsburg sei davon abhängig, dass der Rat dies unterstütze.

Bisher ist das Augsburger Klinikum eines von vielen kommunalen Krankenhäusern in Deutschland - allerdings eines mit imposanten Daten: Mit mehr als 5500 Mitarbeitern ist das Krankenhaus einer der größten Arbeitgeber der Region, im Jahr 2014 wurden 173 000 Patienten ambulant und 75 000 stationär behandelt. Für die rund 1,8 Millionen Menschen in Schwaben ist das Klinikum das einzige der höchsten Versorgungsstufe in ihrem Bezirk.

Für die Träger, Stadt und Landkreis Augsburg, ist das in der Vergangenheit oftmals defizitäre 1730-Betten-Haus aber insbesondere ein finanzielles Problem. Die Kommunalpolitiker dienen es deswegen schon lange der Staatsregierung an. Vor Seehofer wollte aber kein Ministerpräsident davon etwas wissen. So ließ beispielsweise der damalige Kultusminister Hans Zehetmair (CSU) im Jahr 1990 bei einem Besuch in Augsburg wissen: Für ein Uniklinikum in Bayerns drittgrößter Stadt gebe es momentan "null Bedarf".

Das hat sich offenbar geändert: Nun soll bis zum Ende von Seehofers laufender Amtszeit im Jahr 2018 die Umwandlung abgeschlossen werden. Wobei für die Staatsregierung noch offen ist, ob Bayern die Klinik komplett übernimmt. "Die Entscheidung über die künftige Trägerschaft, kommunal oder staatlich, ist aus Sicht des Freistaates noch offen", betont Unger.

Doch mit einem Uniklinikum ist es nicht getan - ohne medizinische Fakultät würde sie keinen Sinn machen. Bayern muss also auch noch eine komplette Ärzteausbildung in Augsburg neu aufbauen. Laut Unger sind nach Vorgaben des Wissenschaftsrates mindestens etwa 60 Professorenstellen nötig, um eine Fakultät zu betreiben. Damit wären die Augsburger etwas kleiner als die derzeit kleinste bayerische Medizinfakultät der Uni Regensburg.

Zu künftigen Studentenzahlen will der Ministeriumssprecher noch nichts sagen. Die Augsburger Studienplätze sollen auf jeden Fall zusätzlich geschaffen werden, die fünf bestehenden bayerischen Medizin-Unis - zwei in München sowie weitere in Erlangen, Würzburg und eben Regensburg - sollen nichts abgeben müssen. Die Planungen des Augsburger Klinikums selbst sind etwas konkreter: "Später sollen 80 Professoren und rund 1500 Studenten der Humanmedizin in Augsburg lehren, forschen und studieren", teilte das Krankenhaus jungst mit. Forschungsschwerpunkte sollen demnach Umweltmedizin und Medizininformatik sein.

Die Kosten des gesamten Projekts sind allerdings noch völlig unklar. Im aktuellen Doppelhaushalt des Freistaats sind nur zwei Millionen Euro Planungskosten enthalten. Letztlich wird es nach Einschätzung von Beobachtern auf eine mindestens dreistellige Millionensumme hinauslaufen, manche sprechen sogar von mehr als einer Milliarde Euro Kosten. "Es wäre verfrüht, mit einer Zahl rauszugehen", sagt Ministeriumssprecher Unger dazu.

Doch die Unipläne sorgen in Augsburg nicht nur für Begeisterung. Die Träger des Klinikums haben einen "Restrukturierungsprozess" gestartet, um das Haus für eine Übernahme fit zu machen und schwarze Zahlen vorweisen zu können. Es gab heftige Kritik am Sparkurs und Unruhe unter den Mitarbeitern. Der Klinikvorstand musste betonen, dass alle Mitarbeiter "an einem Strang" zögen und niemand die Restrukturierung blockiere. Die Manager sagten aber auch: "Engagierte Mitarbeiter sind kritische Mitarbeiter." Ein Hinterfragen der Maßnahmen sei durchaus erwünscht.

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