Bayern will Digitalisierung von Schule beschleunigen

München (dpa/lby) - Die bayerische Staatsregierung will die Digitalisierung von Schule und Unterricht in den kommenden Jahren mit einer knappen halben Milliarde Euro zusätzlich beschleunigen. Es soll unter anderem eine zentrale Bayern-Cloud, eine Schul-Videoplattform, ein eigenes Schul-Rechenzentrum, zusätzliche digitale Leihgeräte für Schüler und Lehrer, neue IT-Systemadministratoren und neue Stellen für die Aus- und Fortbildung von Lehrern geben. Das kündigten Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) am Donnerstag nach einem Spitzengespräch mit Vertretern von Schülern, Lehrern und Kommunen in München an.
Man wolle in der Schule in Bayern den "Digital-Turbo" einlegen und einen "digitalen Sprung" machen, sagte Söder. In der Corona-Krise habe man zwar einen gelungenen Kaltstart hingelegt - es sei aber auch deutlich geworden, wo man Dinge noch deutlich verbessern könne.
Konkret sollen nach Worten Söders bis zum Jahr 2024 zwei Milliarden Euro fließen, darunter sind 900 Millionen Euro Bundesmittel. Der Freistaat steigere die bisher eingeplanten Mittel nun um rund 450 Millionen auf 1,1 Milliarden Euro. Piazolo sprach sogar von einer zusätzlichen Summe von 450 bis 500 Millionen Euro.
Die Bayern-Cloud für die Schulen, die neue Schul-Videoplattform - Söder nannte dies "eine Art Schul-Youtube" - und das neue Rechenzentrum sollen nach Worten Piazolos so bald wie möglich startklar sein. Einen konkreten Zeitpunkt nannten beide aber nicht.
Als Ziel für den Herbst bekräftigten Söder und Piazolo, es solle dann möglichst wieder regulären Unterricht geben, mit Hygienekonzepten, mehr Corona-Tests, mehr Lehrkräften - und mit mehr Digitalisierung. Aber auch unabhängig von Corona soll das neue Digitalisierungs-Paket die Schulen in Bayern auf eine neue Ebene heben, erklärte Piazolo.
Für Systemadministratoren für die Schulen soll es rund 600 zusätzliche Stellen geben, finanziert je zur Hälfte vom Freistaat und den Kommunen. Für das neue Schul-Rechenzentrum sind nach Worten Söders 200 zusätzliche Stellen vorgesehen, für zusätzliche digitale Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrer 100 zusätzliche Stellen.
Sehr schnell soll nun auch geklärt werden, ob alle Schulen über ausreichende Internet-Zugänge verfügen. Bis September wolle man einen "digitalen Schulatlas", sagte Söder, um einen Überblick über die Breitband- und Wlan-Versorgung zu bekommen. Die Versorgung sei zwar sehr hoch. Aber man wolle nun einzelnen Rückmeldungen nachgehen, wonach es an einzelnen Schulen schlechter aussehen solle. Diese Einzelfälle wolle man beheben, betonte der Ministerpräsident.
Die Präsidentin der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Lehrerverbände, Walburga Krefting, nannte das gesamte Digitalisierungs-Paket einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung: "Es wird einige Lücken schließen im digitalen Unterricht." Landkreistagspräsident Christian Bernreiter (CSU) lobte: "Mit dem heutigen Tag ist der Weg frei für gleiche Rahmenbedingungen bei der digitalen Bildung in den Schulen der bayerischen Gemeinden und Städte, Landkreise und Bezirke."
Die Opposition forderte dagegen insgesamt mehr Tempo. Die Corona-Krise habe die digitalen Schwachstellen des bayerischen Schulsystems schonungslos offengelegt, sagte der Grünen-Politiker Max Deisenhofer. Die neue Bayern-Cloud müsse besser aufgesetzt werden als die Lernplattform Mebis, sie dürfe "nicht zum Mebis-Wiederholungsfall werden". Und auch bei der Einführung einer professionellen IT-Betreuung an den Schulen brauche es jetzt Tempo, verlangte er.
Auch SPD-Fraktionschef Horst Arnold forderte mehr Tempo. "Vollmundige Ankündigungen haben wir von Ministerpräsident Söder bereits zuhauf gehört", sagte er. "Jetzt kommt es aber darauf an, dass Bayern den vielbeschworenen Digitalisierungs-Turbo auch wirklich zündet." Matthias Fischbach (FDP) kritisierte unter anderem, mit angekündigten 20 000 Dienstrechnern werde nicht einmal jeder siebte Lehrer ausgestattet - in Nordrhein-Westfalen seien es alle 200 000 Lehrer.