Bayern-SPD: Zwei Münchner nach Berlin
Stürmisch war es. So berichten es Augenzeugen, die bei der Verabschiedung der bayerischen SPD-Bundestagsliste am Samstag dabei gewesen sind. Im Fußballstadion des SC Schwabach hatten sich mehr als 130 Delegierte coronabedingt unter freiem Himmel getroffen. Und zum Sturm sei dann noch Regen hinzugekommen. Dabei war die Veranstaltung wohl unstürmisch und endete mit einem deutlichen Votum für die aufgesetzte SPD-Zweitstimmenliste: 121 gültige Stimmen wurden abgegeben. Fünf waren dagegen, eine Enthaltung. Der Rest (115) war Fürsprache.
Zwei Münchner auf bayerische SPD-Bundestagsliste gewählt worden
Vor allem der Münchner Sebastian Roloff hat Grund zur Freude. Er landete auf Listenplatz 5. Selbst wenn die Umfragewerte der Bundes-SPD gleich blieben (derzeit 16,3 Prozent) oder leicht sinken, wäre das ein sicheres Bundestagsmandat. Drei oberbayerische Vertreter der Partei sind unter den ersten zehn zu finden. Aus München zählt man zwei: Neben Roloff ist das die Münchner SPD-Chefin Claudia Tausend, auf Listenplatz 10. Auch bei Tausend wäre es mit dieser Position eine Überraschung, wenn sie für die Legislaturperiode ab Herbst 2021 keinen Sitz im Bundestag bekommen würde.

Roloff zeigt sich am Sonntag zufrieden. "Die Münchner SPD ist hervorragend platziert", sagt er. Den Wahlkampf kann er kaum erwarten. Da müsse man kreativ werden. "Wie können wir kontaktarm um die Wählerstimmen kämpfen - das sollte derzeit die zentrale Frage sein", sagt Roloff. Natürlich werde man auch wieder Wahlkampfstände aufstellen, "aber so, dass sich nicht zu viele Menschen an ihnen sammeln, vielleicht mit mehr Info-Material zum Mitnehmen."
Verkehrswende und Mietspiegel: Roloff (SPD) will Münchner Themen in Bundestag bringen
Trotz der aktuellen Umfragewerte setzt Roloff ein hohes Ziel. "Wir müssen mindestens einen Wert um die 25 Prozent anpeilen", sagt der Mann aus dem Münchner Süden. Und abgesehen von der Tatsache, dass die politische Konkurrenz noch keine Kandidaten aufgestellt habe, gelte es, den Moment zu nutzen, da vor allem die Union durch die Masken-Affäre mit sich selbst ringe. "Wir sind Volkspartei", sagt Roloff, "nach wie vor."
Insbesondere das neue SPD-Sozialstaatskonzept wolle die Partei nun in den Mittelpunkt stellen, um Hartz-IV zu überwinden. "Wir setzen auf Qualifizierung und Förderung statt Daumenschrauben", sagt Roloff. Auf die Frage, ob SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz da ein Hindernis sein könne, der als einer der Hartz-IV-Architekten gilt, antwortet Roloff: "Auch Herr Scholz hat eine Entwicklung durchgemacht und steht voll hinter dem neuen Konzept." Münchnerische Themen möchte Roloff dennoch im Bundestag vertreten. Da sei zum einen die Verkehrspolitik und damit der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs ein wichtiger Punkt. Und: "Bauland, Mietspiegel, Steuern auf Immobilienspekulationen - hier kann man in der Bundespolitik bessere Rahmenbedingungen für München schaffen", sagt Roloff.
Turbulente Vorgeschichte: Roloff schnappte Florian Post den Listenplatz weg
Die bewegte Vorgeschichte um die Kandidatur Roloffs hallt zwar noch nach, soll aber offenbar am besten schnell befriedet werden. Roloff hatte sich zur Überraschung des amtierenden Bundestagsabgeordneten Florian Post (SPD) bei der Listenaufstellung der oberbayerischen SPD als dessen Gegenkandidat angeboten - und die Mehrheit der Delegiertenstimmen erhalten (41 zu 28). Sowohl Roloff als auch die Münchner SPD-Chefin Tausend wünschen Post bestmöglichen Erfolg. Tausend spricht aus Erfahrung: "Auch Axel Berg hat es mehrmals geschafft, über das Direktmandat in den Bundestag zu ziehen. Warum sollte es Post nicht gelingen?" Es sei ja zudem nicht ausgeschlossen, dass auch Sebastian Roloff über die Erststimme in den Bundestag ziehen werde.