Bayern nimmt Antisemitismus-Definition an

Der Antisemitismus wird auch im Freistaat wieder lauter. Doch welche Formen von Kritik - etwa an Israel - sind erlaubt? Wenige Sätze sollen hier bayernweit helfen. Nicht nur den Behörden.
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Markus Söder ist zu sehen. Foto: Peter Kneffel
dpa Markus Söder ist zu sehen. Foto: Peter Kneffel

München - Als erstes deutsches Bundesland hat Bayern die international anerkannte Definition von Antisemitismus angenommen. "Das ist ein klares Signal, auch über Bayern hinaus", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag in München nach der Kabinettssitzung. Die Definition ist zwar nicht rechtlich bindend, soll aber Behörden und Gesellschaft als Arbeitsgrundlage bei der Verfolgung von Straftaten gegen Juden und den Staat Israel helfen.

Söder lobte, dass sich das Kabinett zuvor so ausführlich und tiefgehend wie noch nie mit Antisemitismus befasst habe, betonte aber auch, "der Anlass ist beschämend. Das Übel Antisemitismus wächst wieder." Es sei daher besonders wichtig, dass der Staat ein Signal setze, Null-Toleranz über Antisemitismus einzufordern. Dieser Geisteshaltung könne man nur mit Entschlossenheit entgegentreten.

Als Beispiel für die teils offene, teils verdeckte Entwicklung nannte Söder das Verhalten der AfD. "Es ist unerträglich, wenn die AfD bewusst die erste Strophe des "Deutschlandslieds" singt", sagte er mit Verweis auf die Vorkommnisse bei einer Veranstaltung des AfD-"Flügels" am Wochenende. Anders als die AfD behaupte, sei dies kein technisches Versehen gewesen, sondern zeige die vorhandene geistige Haltung, die bereits wiederholt schlimmste Verbrechen der Nazis zu relativieren versuchte. "Dagegen müssen wir uns wehren."

Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) erklärte, dass das Thema an den Schulen weiterhin eine hohe Bedeutung haben werde und dass die Möglichkeiten für einen Austausch von Lehrern und Schülern zwischen beiden Ländern weiter vorangebracht werden müsse. Auch die Gedenkstätten spielten eine wichtige Rolle, um die Menschen auf die Gräueltaten der Nazis aufmerksam zu machen.

Die von 31 Staaten beschlossene Definition der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken (IHRA) lautet: "Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen. Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein."

Lob bekam die Staatsregierung für ihre klare Haltung gegen Antisemitismus vom Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, und von der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch. "Es ist gut und richtig, dass Bayern vorangeht. Dieses Signal wird auch in der jüdischen Gemeinschaft wahrgenommen." Schuster betonte, dass der Umgang mit Juden zeige, wie gefestigt eine Demokratie sei. Den Behörden erleichtere die Definition ihr Vorgehen gegen Antisemitismus.

Schuster betonte zudem, dass der Staat Israel grundsätzlich natürlich politisch kritisiert werden dürfe, sofern nicht das Existenzrecht infrage gestellt werde.

Laut Polizei ist die Zahl der antisemitischen Straftaten in Bayern in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen auf 219 (2018). Experten vermuten aber, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist. Der Antisemitismusbeauftragte der Staatsregierung, Ludwig Spaenle, hofft, dass die seit dem 1. April arbeitende Meldestelle in Bayern helfe, die Vorfälle besser zu erfassen und die Opfer besser zu beraten.

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