Bayern mit Asyl-Landesamt - Die große Söder-Show

Für Kritiker ist die neue bayerische Landesbehörde inhuman und Steuerverschwendung. Für Ministerpräsident Söder garantiert das Asylamt hingegen schützbedürftigen Flüchtlingen die besten Chancen in ganz Deutschland - obwohl es in erster Linie Abschiebungen forcieren soll.
dpa |
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Begleitet von Protesten wurde das neue Amt am Freitag offiziell eingeweiht.
Stefan Puchner/dpa Begleitet von Protesten wurde das neue Amt am Freitag offiziell eingeweiht.

Ingolstadt - Das umstrittene neue bayerische Asyl-Landesamt verbessert nach Ansicht von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Bleibemöglichkeiten von integrationswilligen Flüchtlingen. Bei der Gründung der Behörde sagte Söder am Freitag, der Freistaat werde "deutlich offener sein und alle Ermessensspielräume nutzen, um eine bessere Balance zu finden", wenn die Flüchtlinge Integrationsleistungen bringen. Das könnten etwa Arbeitserlaubnisse und Möglichkeiten zur Ausbildung sein. Die Bürger erwarteten auch solch eine Balance zwischen Straftätern und denjenigen, die gezeigt hätten, dass sie sich integrieren wollen. Der Bayerische Flüchtlingsrat und andere Kritiker demonstrierten gegen die Schaffung des neuen Amtes.

Insbesondere nach der Sammelabschiebung von 69 Flüchtlingen Anfang Juli nach Afghanistan gab es deutliche Kritik an den bayerischen Behörden, dass auch gut integrierte Migranten das Land verlassen mussten. Laut Söder steht künftig das Landesamt "für Humanität und Ordnung in der Flüchtlingspolitik. Wer schutzberechtigt ist, bekommt in Bayern bessere Chancen als anderswo."

Zwischen Abschiebung und Integration

Söder und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) machten allerdings auch klar, dass ein Hauptziel der Landesbehörde im oberbayerischen Manching bei Ingolstadt schnellere Abschiebungen von nicht anerkannten Asylbewerbern seien. Es soll dafür auch eine Taskforce in dem Landesamt geben, die sich um beschleunigte Ausreisen "gewalttätiger und randalierender Asylbewerber" kümmern werde, sagte Herrmann.

Ziel sei, dass anerkannte Flüchtlinge bestmöglichst integriert werden, die anderen ohne Bleiberecht aber das Land verlassen, meinte Herrmann. "Sonst macht der ganze Rechtsstaat keinen Sinn." Speziell bei Flüchtlingen aus Afrika will der Freistaat durch eine bessere Beratung und mögliche finanzielle Anreize auch die freiwillige Rückkehr attraktiver machen.

Betriebsstart des Amtes am 1. August

Das neue Landesamt geht zum 1. August offiziell in Betrieb. Dann starten auch die ebenso umstrittenen sieben Ankerzentren, die ebenfalls einen Teil zu schnelleren Abschiebungen beitragen sollen. Das Landesamt bekommt 120 neue Stellen und zusätzlich die bereits bestehenden Stellen der zentralen Ausländerbehörden zugeordnet, so dass das Amt insgesamt etwa 1000 Mitarbeiter hat. Für die Asylverfahren selbst ist aber weiterhin das Bamf (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) in Nürnberg zuständig.

In der Nähe des künftigen Landesamtes für Asyl und Rückführungen demonstrierten vor dem Gründungsakt etwa 20 Aktivisten des Bayerischen Flüchtlingsrats und anderer Gruppen gegen die Behörde. "Abschiebungen und die rechte Wahlkampfstrategie der CSU sind für uns kein Grund zum Feiern", hieß es im Aufruf zu der Protestversammlung.

Die "große Söder-Show" betritt "bundesweit Neuland"

Die grüne Landtagsabgeordnete Christine Kamm nannte die Behörde eine "große Söder-Show". Das Amt sei ein Etikettenschwindel und ein Fall für den Rechnungshof. "Es ist nicht nachvollziehbar, dass bayerische Steuermittel in klassische Bundesaufgaben gelenkt werden."

Der erste Präsident der neuen Behörde wird der 52 Jahre alte Thomas Hampel, der derzeit noch Inspekteur der bayerischen Polizei ist. Bei der Flüchtlingskrise 2015 hatte der Polizist im Innenministerium in München den Koordinierungsstab Asyl geleitet. Er sagte, das Landesamt sei durch die Bündelung der Kompetenzen richtungsweisend. "Wir betreten hier bundesweit Neuland."

Einrichtung von Ankerzentren in ganz Bayern

Die Ankerzentren sollen parallel in jedem bayerischen Bezirk entstehen, dafür werden existierende Flüchtlingseinrichtungen entsprechend umgewidmet. Außer in Manching wird es die Ankerzentren in Bamberg (Oberfranken), Schweinfurt (Unterfranken), Zirndorf (Mittelfranken), Regensburg (Oberpfalz), Deggendorf (Niederbayern) und Donauwörth (Schwaben) geben.

Um die Migration an der Grenze besser kontrollieren zu können, hatte die Staatsregierung zum Monatsanfang in Passau bereits die 1998 aufgelöste Bayerische Grenzpolizei reaktiviert.

Lesen Sie hier zur Landtagswahl 2018: Schicksalswochen im Freistaat

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