Bayern: Mehr Intensivbetten und Pfleger aus der Rente holen
München (dpa/lby) - Bayern will in der Corona-Krise die Zahl der Intensivbetten an Unikliniken von 600 auf 1200 verdoppeln und Pfleger aus der Rente zurückholen. "Wir werden jede helfende Hand brauchen", sagte Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) am Freitag in München. Angesichts der rasanten Ausbreitung des neuartigen Coronavirus sollen Pfleger und Krankenschwestern in Teilzeit zudem überlegen, ob sie die Arbeitszeit aufstocken können.
"Schon heute wissen wir, dass wir mit einer steigenden Zahl, vielleicht sogar mit einer dramatisch steigenden Zahl, rechnen müssen", sagte Sibler. "Die Herausforderungen werden in den nächsten Tagen und Wochen nochmal unendlich steigen." Derzeit seien 50 Patienten mit der Lungenkrankheit Covid-19 an bayerischen Uni-Kliniken in Behandlung, 17 von ihnen auf der Intensivstation.
Auch die Testkapazitäten auf das Coronavirus sollen deutlich erhöht werden. Eine neue Drive-In-Station in München solle vor allem für Tests von medizinischem Personal genutzt werden. "Wir brauchen jeder Pfleger, jede Krankenschwester, jede Ärztin und jeden Arzt", sagte Sibler. "Wir brauchen diese Menschen gesund."
Die Verdoppelung der Zahl an Intensivbetten sei "eine unglaubliche Herausforderung", sagte Karl-Walter Jauch, Ärztlicher Direktor des LMU Klinikums München. Die Ausstattung mit Intensivbetten sei aber jetzt schon besser als in Italien. "Wir sind von Basis aus schon gut vorbereitet und werden uns jetzt der Welle stellen und werden uns der Welle mit gutem Gewissen stellen." Die Unikliniken in Bayern wollen angesichts der rasanten Ausbreitung des neuen Coronavirus neue Stationen schaffen, alte Stationen "umwidmen" und Pflegekräfte für den Umgang mit Infektionskrankheiten schulen.
Jauch betonte: "Ich bin mehr als zuversichtlich: Das wird uns gut gelingen." Die Versorgung von Patienten, die an der Lungenkrankheit Covid-19 leiden, solle seiner Ansicht nach zentral gesteuert werden, damit leichter Erkrankte nicht in eine Uniklinik eingeliefert werden, sondern eher in ein Kreiskrankenhaus.
Auch die Versorgung der Krankenhäuser mit Material wie Schutzkleidung sollte aus Sicht Jauchs bayernweit staatlich organisiert werden. Das gelte auch für Schutzmasken: "Normalerweise kosten die drei Cent", sagte Jauch. "Und jetzt das 25-fache." Die Krise bedeute für das Gesundheitssystem einen Marathon und keinen kurzen Sprint. "Wir rechnen mit zwei bis drei Monaten Dauer."
Unterdessen forderte die Bayerische Krankenhausgesellschaft finanzielle Unterstützungen für die Kliniken im Freistaat. "Die Liquiditätssicherung muss Anfang April fließen, sonst kriegen die Krankenhäuser ernsthafte Probleme", sagte Geschäftsführer Siegfried Hasenbein. Andernfalls müssten die ersten Kliniken Insolvenz anmelden.
Hintergrund ist, dass die Krankenhäuser im Freistaat verpflichtet wurden, nur noch dringend notwendige medizinische Behandlungen vorzunehmen, um Kapazitäten für Menschen zu schaffen, die am Coronavirus erkranken. "Das heißt, jedes Krankenhaus hat größere bis große Erlösausfälle. Und kein Krankenhaus kann sich dies über eine längeren Zeitraum erlauben", erläuterte Hasenbein.