Bayern lockert Ausgangsbeschränkung minimal

Bayern ist besonders vom Coronavirus betroffen. Deshalb gibt es nur einen langsamen Exit aus den harten Anti-Corona-Maßnahmen. Es gibt Lockerungen, auch für Schulen und Geschäfte. Aber vieles ist offen.
von  dpa
Der Vorschlag von Bundestags-Präsident Schäuble habe ihn gewundert, sagte Söder. (Symbolbild)
Der Vorschlag von Bundestags-Präsident Schäuble habe ihn gewundert, sagte Söder. (Symbolbild) © Sven Hoppe/dpa

München (dpa/lby) – Im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus lockert auch das besonders stark betroffene Bayern etwas die Zügel: Die Ausgangsbeschränkungen werden bis zum 3. Mai verlängert, doch ab Montag ist im Freien auch der Kontakt zu einer Person außerhalb des eigenen Hausstands erlaubt. Beginnend mit den Abschlussklassen sollen ab dem 27. April die Schulen wieder öffnen - wobei für die Mehrzahl der Schüler offen bleibt, ob und wann sie vor dem Sommer wieder in die Schule dürfen. Auch Kindergärten und Kitas bleiben weiter zu, dafür wird die Notbetreuung für Kinder Alleinerziehender geöffnet. All dies hat das bayerische Kabinett am Donnerstag beschlossen.

Die Wiedereröffnung von kleineren Geschäften erlaubt Bayern mit einer Woche Verzögerung gegenüber dem am Mittwoch beschlossenen allgemeinen Bund-Länder-Fahrplan: Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern dürfen im Freistaat ab dem 27. April wieder öffnen. Das betrifft laut Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) gut 80 Prozent der Geschäfte. Die 800-Quadratmeter-Grenze, die am Mittwoch vereinbart worden war, lässt Bayern also unverändert. Shopping-Malls mit vielen kleineren Geschäften müssen geschlossen bleiben, wenn sie insgesamt mehr als 800 Quadratmeter Fläche haben.

Kfz-Händler, Fahrradhändler und Buchhandlungen sind von der Quadratmeter-Grenze ausgenommen. Bau- und Gartenmärkte dürfen schon von diesem Montag (20. April) an wieder öffnen. Für Friseure wird - wie bundesweit - der 4. Mai als Wiedereröffnungs-Datum angestrebt.

In Geschäften und im öffentlichen Nahverkehr sollen Menschen in Bayern Schutzmasken über Mund und Nase tragen. Sollte das nicht ausreichen, "erwägen wir dann auch eine Maskenpflicht", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Kabinettssitzung. Für den Mundschutz sollen Ladeninhaber und Kunden selber sorgen. Bei den sogenannten Community-Masken gehe es nicht um medizinische Masken, betonte Söder. Diese schützten den Träger selbst nicht vor einer Ansteckung - aber davor, andere womöglich zu infizieren.

Mit der Lockerung der Ausgangsbeschränkung - der Erlaubnis des Kontakts im Freien zu einer Person außerhalb des eigenen Hausstands - schwenkt Bayern auf die bundesweit vorherrschende Linie ein. Weitergehende Kontakte auch zwischen Großeltern und Enkeln sollten weiter unterbleiben, sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU).

Bei den Schulen sieht der Fahrplan so aus: Ab dem 27. April sollen Abschlussklassen an den Gymnasien, Real- und Mittelschulen wieder zurück an die Schulen dürfen, ebenso Meisterklassen. Frühestens ab dem 11. Mai sollen die Jahrgänge folgen, die im kommenden Jahr ihren Abschluss machen, also etwa die derzeitigen Elftklässler an Gymnasien und die jetzigen Neuntklässler an Realschulen. "Gegebenenfalls auch die vierte Klasse der Grundschule", sagte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler). Das sei aber noch nicht entschieden.

Wann alle übrigen Jahrgänge zurück an die Schulen dürfen, ist noch völlig offen - vom 11. Mai bis zum Beginn der Pfingstferien sind es dann beispielsweise nur noch drei Wochen. Piazolo schloss nicht einmal aus, dass einzelne Jahrgänge vor den Sommerferien gar nicht mehr in die Schulen zurückkehren. "Wir haben das Ziel, natürlich, dass die Schülerinnen und Schüler die Schule in diesem Schuljahr noch sehen, aber das ist nicht zu garantieren", betonte der Minister.

Selbst wenn der Unterricht vor Ort wieder stattfände, sei klar: "Es ist kein normaler Betrieb. Es ist nicht einfach Schule, wie es war, genau nach den Lehrplänen, genau die gleichen Gruppen", sagte Piazolo. "Der Unterricht soll in maximal halber Klassenstärke mit 10 bis 15 Schülern erfolgen. So werden wir in den Klassenzimmern einen Abstand von mindestens 1,5 Metern zwischen den Schülern gewährleisten." Man prüfe auch einen zeitlich versetzten Schulbeginn. Kein Schüler soll heuer wegen der Corona-Krise sitzenbleiben. "Wir werden großzügig ein Vorrücken auf Probe erlauben", sagte Piazolo.

Die Notbetreuung von Kindern in Bayern soll ab dem 27. April ausgebaut werden. Dann sollten auch Kinder etwa in Kindertagesstätten betreut werden, wenn nur ein Elternteil in einem sogenannten systemrelevanten Beruf arbeite, sagte Sozialministerin Carolina Trautner (CSU). Ein Augenmerk liege zudem auf erwerbstätigen Alleinerziehenden. Diese sollten ebenfalls wieder ihren Beruf aufnehmen können. Hier gebe es auch Absprachen mit dem Kultusministerium für Kinder im Grundschulalter, betonte sie.

Gottesdienste werden auch in Bayern bis mindestens Ende April weiter nicht möglich sein. Danach könnte es aber eine Ausnahme für religiöse Versammlungen geben. "Die einzige Veranstaltung, die wir ab Mai für möglich halten, sind Gottesdienste", sagte Söder. Final sei dies aber noch nicht entschieden. Um Gottesdienste zu erlauben, brauche es aber auch kluge Konzepte zum Infektionsschutz, betonte er. Denkbar sei beispielsweise auch, mehrere Gottesdienste über den Tag zu verteilen.

Insgesamt sieht Söder wichtige Erfolge im Kampf gegen das Coronavirus, mahnt aber zu Geduld und Vorsicht. "Wir bekommen das Virus langsam unter Kontrolle", sagte er. Es gebe deshalb nun "Anlass zu vorsichtigem Optimismus". Das Ganze sei aber ein "zartes Pflänzchen", das sich entwickle. Es sei weiter Vorsicht geboten.

Söder teilte mit, dass es nun mehr als 1000 Todesfälle in Bayern gebe. "Das sind 1000 zu viel." Huml sagte, es gebe nun 35 523 bestätigte Infektionen in Bayern - das sei ein Plus von 2,5 Prozent im Vergleich zum Vortag. Die Verdopplungszeit liegt laut Söder mittlerweile bei etwa 22 Tagen - anfangs waren es zwei bis drei Tage.

Eine wichtige Säule im Kampf gegen das Virus ist auch die Ausweitung von Testkapazitäten. Aktuell könnten etwa 12 000 Tests pro Tag stattfinden, sagte Huml. Das Ziel sei, die Testkapazitäten auf 25 000 auszubauen. Söder betonte aber, auf 100 000 Einwohner gerechnet teste man schon mehr als andere Länder, etwa Österreich oder Südkorea.

Ein Sommerurlaub im Ausland ist wegen der Corona-Pandemie nach Worten Söders in diesem Jahr wohl nicht drin. "Die Wahrscheinlichkeit, dass Urlaub in anderen Ländern im Sommer so leicht möglich ist, schätze ich aus gegenwärtiger Sicht eher als unwahrscheinlich ein", sagte der CSU-Vorsitzende. "Das ist bei der Situation in den Ländern um uns herum, unseren klassischen Urlaubsländern, die wir haben - Spanien, Italien oder Frankreich oder Türkei - eher unwahrscheinlich."

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