Eigentümer in Bayern aufgepasst: So hoch wird die Grundsteuer ab 2025

München – Für Heinz Maurer (sein richtiger Name ist der Redaktion bekannt) war es eine unangenehme Überraschung. Wie Millionen andere Deutsche hat der Rentner aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck vor einigen Monaten einen neuen Grundsteuerbescheid vom Finanzamt bekommen: Rund 280 Euro und damit gut ein Viertel mehr als bislang müssen er und seine Frau für das stark in die Jahre gekommene Reihenhaus und den Garten mit knapp 600 Quadratmetern ab kommendem Jahr zahlen.
Weil beide keine üppige Rente bekommen und kaum Rücklagen haben, ärgert sie die Erhöhung. "Das spürt man im Geldbeutel." Wie bei vielen Menschen ist das Haus de facto die Altersversorgung der Maurers. Hauptursache für die für Millionen Menschen steigende Grundsteuer ist eine bundesweite Grundsteuerreform, nach der die Abgabe ab 2025 anders berechnet wird.
Hinzu kommt: Zahlreiche Kommunen erhöhten aufgrund klammer Kassen zuletzt die Hebesätze für die Grundsteuer.
So hoch ist die Vervielfachung im Rest Deutschlands
Im Vergleich zu vielen anderen Betroffenen kommen die Maurers noch günstig weg. So berichtet etwa ein Hausbesitzer aus Dorsten im Ruhrgebiet, er müsse künftig für sein 93 Quadratmeter großes Einfamilienhaus statt fast 200 Euro ab 2025 knapp 2000 Euro bezahlen – also gut zehnmal so viel wie bislang.
Doch das ist nichts gegen eine Familie aus Freiburg: Sie muss Medienberichten zufolge ab 2025 für ein Hausgrundstück sowie eine Wiese statt 935 Euro rund 16.800 Euro pro Jahr berappen.
Grundsteuer fühlt sich an wie "Enteignung"
Im "Spiegel" klagte gerade erst ein Stuttgarter Rentnerpaar, man fühle sich "enteignet". Schließlich müssen die beiden Senioren ab 2025 jährlich rund 2900 Euro und damit gut das 14-fache wie bislang an Grundsteuer zahlen. In den vergangenen Monaten gingen wegen enorm gestiegener Grundsteuerfestsetzungen bei Anwälten und Hausbesitzervertretern unzählige Beratungsanfragen ein.
Viele Immobilienbesitzer legten gegen Grundsteuerbescheide beim Finanzamt Widerspruch ein – allein Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern zählten nach Angaben der dortigen Finanzministerien bis zum Frühjahr zusammengerechnet rund eine halbe Million Beschwerden.
Großgrundstück in Niederbayern teurer als Starnberger Villa
Ursache für den Sturm der Entrüstung vieler Immobilienbesitzer ist eine Reform, die einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geschuldet ist. Karlsruhe urteilte 2018, dass das Prozedere nach dem Häuser, Wohnungen und Grundstücke für die Grundsteuer durch den Fiskus bewertet werden, reformiert werden muss.
Das bisherige System verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Bislang wurden Grundstücke nach sogenannten Einheitswerten besteuert. Das Problem: Diese sind hoffnungslos veraltet. Künftig zählen andere Kriterien für die Berechnung.
In Bayern richtet sich die Grundsteuer B, die für Bau- oder Wohngrundstücke bezahlt werden muss, ab 2025 nach dessen Flächengröße. Auch im Freistaat gibt es deshalb zahlreiche Menschen, die künftig deutlich mehr Grundsteuer an den Fiskus überweisen müssen. Manche zahlten ab kommendem Jahr zwei- bis dreimal so viel wie bislang, sagt Rudolf Stürzer von Haus und Grund Bayern der AZ: "Das kann schon mehrere Hundert Euro ausmachen."
Die Reform benachteilige Eigentümer mit großen Wohn- und Grundflächen in Regionen mit geringeren Immobilienpreisen. "Derjenige, der ein großes Grundstück in Niederbayern hat, zahlt mitunter mehr als der Villenbesitzer in Starnberg", so Stürzer.

Das macht Bayern anders
Klar ist: Zwar müssen auch Hausbesitzer in bayerischen Ballungsräumen zum Teil künftig mehr bezahlen – extreme Vervielfachungen wie in anderen Bundesländern dürften Experten zufolge aber aufgrund des bayerischen Flächenmodells eher die absolute Ausnahme bleiben. Die Staatsregierung hat sich bewusst für dieses Modell entschieden.
Die Befürchtung war groß, dass sich manche seit Jahrzehnten in einer prosperierenden Region wie Oberbayern ansässige Mittelstandsfamilie das Wohnen in den eigenen vier Wänden in ihrer Heimat nicht mehr leisten kann, wenn die Grundsteuer zu stark steigt. Zudem könnte eine explodierende Grundsteuer in Ballungsräumen die Nebenkosten weiter in die Höhe treiben, da Vermieter diese an die Mieter weitergeben.
In den meisten Bundesländern zählt anders als in Bayern künftig vor allem der Wert einer Immobilie – und dies hat in exponierten Wohngegenden mitunter teure Folgen für Immobilienbesitzer. Stürzer begrüßt deshalb, dass Bayern ein wertunabhängiges Modell gewählt hat. "Es vermeidet teure Gutachter-Streitigkeiten über den Wert einer Immobilie", sagt er.
Zudem werde es keine automatischen Grundsteuer-Erhöhungen mit jeder Wertsteigerung geben. Das bayerische Finanzministerium betont auf Anfrage, Ziel des Flächenmodells sei auch eine "Entbürokratisierung im Steuerrecht". Schließlich sei es "transparent und nachvollziehbar". Zudem würden regelmäßige Steuererhöhungen aufgrund steigender Grundstückspreise und damit "Steuererhöhungen durch die Hintertür vermieden".
Grüne in Bayern: Flächenmodell ist "extrem ungerecht"
Kritik kommt von den Landtags-Grünen. Deren Finanzexperte Tim Pargent spricht sich in der AZ für ein Bodenwertmodel aus. Schließlich sei das Flächenmodell "extrem ungerecht", da es die tatsächlichen Werte oder die Lage nicht berücksichtige. "Das bedeutet, Omas Häuschen am Stadtrand kann am Ende höher besteuert werden als eine teure Innenstadtadresse."
Klar ist: Auch unabhängig von der Reform dürften vielerorts die Grundsteuern steigen. Darauf deuten Zahlen aus Hessen hin. Dort hat mehr als jede vierte Kommune 2024 bereits den Hebesatz für die Grundsteuer erhöht. Das sind mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum.
Aus einem kommunalen Spitzenverband heißt es, Bayerns Städte und Gemeinden könnten sich aufgrund klammer Kassen dem Trend nicht entziehen. Es dürften also noch mancher Immobilienbesitzer Post wie Familie Maurer bekommen.