Bayern-Ei-Skandal: Amtstierarzt des Landratsamtes in U-Haft

In den Salmonellen-Skandal in Niederbayern ist auch ein staatlicher Kontrolleur verwickelt. Der Amtstierarzt des Landratsamtes Straubing-Bogen soll die Gefahr verschwiegen, das Unternehmen vor Kontrollen gewarnt und möglicherweise eine Probe manipuliert haben.
von  dpa
Das Landratsamt in Straubing: Ein Mitarbeiter der Behörde soll tief in den Bayern-Ei-Skandal verwickelt sein.
Das Landratsamt in Straubing: Ein Mitarbeiter der Behörde soll tief in den Bayern-Ei-Skandal verwickelt sein. © dpa

In den Salmonellen-Skandal in Niederbayern ist auch ein staatlicher Kontrolleur verwickelt. Der Amtstierarzt des Landratsamtes Straubing-Bogen soll die Gefahr verschwiegen, das Unternehmen vor Kontrollen gewarnt und möglicherweise eine Probe manipuliert haben.

Straubing –  In der Salmonellen-Affäre um das Unternehmen Bayern-Ei aus Niederbayern sitzt nun auch ein Amtstierarzt in Untersuchungshaft. Dem Mitarbeiter des zuständigen Landratsamtes Straubing-Bogen werde Beihilfe zu einem Fall von Körperverletzung mit Todesfolge sowie zu gefährlicher Körperverletzung in 77 weiteren Fällen vorgeworfen, sagte am Freitag Theo Ziegler von der Staatsanwaltschaft Regensburg.

Nach Angaben der Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf (CSU) soll der Amtstierarzt möglicherweise auch eine Probe manipuliert haben. Es bestehe ein solcher Verdacht, sagte die Ministerin am Freitag in München. Ob die mögliche Manipulation im Dezember 2013 auch für Menschen Folgen gehabt habe, müsse noch geklärt werden. "Jetzt gilt es, den ungeheuerlichen Verdacht aufzuklären", sagte die Ministerin weiter. "Wir schauen uns alle Fälle an, die von diesem Mitarbeiter betreut wurden."

Bayern-Ei hatte nach derzeitigem Stand mehrfach mit Salmonellen verseuchte Eier verkauft. Der frühere Geschäftsführer sitzt bereits seit August in Untersuchungshaft. Laut Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erkrankten allein in Österreich zwischen Juni und September 2014 insgesamt 78 Menschen an einer Magen-Darm-Entzündung. Ein 94-Jähriger starb.

Die Staatsregierung werde mit allen rechtlich möglichen disziplinarischen Maßnahmen durchgreifen. Die kriminelle Energie mache sie "fassungslos", sagte Scharf. Nun müsse geklärt werden: "Warum hat der Mitarbeiter so gehandelt? War es ein einmaliges Fehlverhalten oder hat er auch andere Proben manipuliert? Und vor allem: Hätte es jemand verhindern können?", sagte Scharf, die in dem Skandal heftig kritisiert worden war.

Die SPD und die Grünen im Landtag forderten eine Regierungserklärung Scharfs. "Wir wollen Antworten zu den aktuellen Entwicklungen, zur Verquickung der Aufsichtsbehörden und welche Konsequenzen sie ziehen will, damit sich die Vorfälle nicht wiederholen", sagte die verbraucherschutzpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, Rosi Steinberger.

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Der verbraucherschutzpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Florian von Brunn, betonte, auch Staatsregierung und übergeordnete Behörden hätten schwere Fehler gemacht. "Mit einem verhafteten Mitarbeiter eines Landratsamtes kann Frau Scharf natürlich ein erstklassiges Bauernopfer präsentieren. Aber hier muss ich ganz deutlich sagen: Der Fisch stinkt vom Kopf her!".

Ein Ermittlungsrichter erließ am Freitag Haftbefehl wegen dringenden Tatverdachtes und Verdunklungsgefahr gegen den Amtstierarzt. Der Mann habe ein fehlerhaftes Verhalten eingeräumt, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit. Details zur Aussage wurden aus ermittlungstaktischen Gründen aber nicht genannt.

Der Amtstierarzt soll laut Staatsanwaltschaft, in Kenntnis des positiven Salmonellenbefunds, die Anordnung der nach dem Lebensmittelrecht zum Schutz der Verbraucher erforderlichen Maßnahmen bewusst unterlassen haben. Zudem soll er den Geschäftsführer von Bayern-Ei vor bevorstehenden behördlichen Kontrollen gewarnt haben.

Zuletzt hatte ein Experte massive Vorwürfe gegen die zuständigen Behörden erhoben. Der Hamburger Lebensmittelrechtsprofessor Martin Holle kommt in seinem für die Landtags-SPD erstellten Gutachten zu dem Schluss, dass die Lebensmittelüberwacher die Bürger über die bei Bayern-Ei festgestellten Salmonellenfälle hätten informieren müssen. Dass es keine Warnung der Öffentlichkeit gab, sei wegen des Infektionsrisikos eindeutig rechtswidrig.

Scharf wies den Vorwurf zurück. "Unsere Experten haben unabhängig von den handelnden Personen die ergriffenen Maßnahmen im Sommer 2014 und die Aussagen des Gutachtens überprüft. Das Ergebnis: Diese Maßnahmen entsprachen Recht und Gesetz", sagte sie der "Passauer Neuen Presse" (Freitag). Am 7. August hatte die Regierung von Niederbayern in Abstimmung mit dem Ministerium dem Betrieb untersagt, Eier als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen.

Als Konsequenz aus dem Vorfall kündigte Scharf ein drei-Säulen-Programm für mehr Sicherheit an. Auch die Kontrolleure sollen künftig besser kontrolliert werden. Eine Spezialeinheit des Landesamtes für Lebensmittelsicherheit soll unangemeldet unterwegs sein. Zudem bekräftige die Ministerin, Bayern wolle so schnell wie möglich aus der Käfighaltung aussteigen.

 

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