Bayern: 100-Jährige wird Faschingsprinzessin

Kempten - Die Seniorin repräsentiert als Charlotte I. heuer den Kemptener Faschingsverein und ist damit die vielleicht älteste Faschingsprinzessin Deutschlands. „Auf die Idee wäre ich gar nicht gekommen. Aber als man mich gefragt hat, dachte ich mir: Da mache ich doch mit. Das hält jung“, sagt Charlotte Geppert.
Die 100-Jährige fühlt sich fit genug für diese Aufgabe und freut sich vor allem aufs Tanzen. „Ich habe schon als kleines Mädchen gerne getanzt.“ Mit ihrem Mann hat sie viele Faschingsbälle besucht. Daher weiß sie, was sie erwartet. Stolz präsentiert sich die betagte Prinzessin im langen roten Kleid, zu dem sie eine Stola mit Federn, lange weiße Handschuhe und eine silberne Krone trägt. „Das fühlt sich gut an“, sagt sie und schenkt ihrem Sohn Bruno ein strahlendes Lächeln. Der hat sich ebenfalls royal herausgeputzt mit rot-goldenem Umhang, Orden, Zepter und Narrenkappe – schließlich übernimmt er an der Seite seiner Mutter die Rolle des Faschingsprinzen Bruno I.
„Ich finde es einmalig, dass wir das zusammen machen. Ein Prinzenpaar in unserem Alter – das ist mal ganz was Anderes“, sagt Sohn Bruno. Er ist 71 Jahre alt. Die Idee dazu hatte Richard Brunner, der Präsident des noch jungen Kemptener Faschingsvereins. Erst vor drei Jahren wurde er gegründet. „Ich bin mit Lotte schon länger befreundet und habe ihr gesagt: Wenn du 100 bist, mache ich dich zur Faschingsprinzessin“, erzählt Brunner. Trotz ihres Alters sei sie als närrische Hoheit bestens geeignet: „Ich kenne die Frau nur lustig.“
Dass es auch Menschen gibt, die diese Entscheidung belächeln, nimmt der Präsident ganz gelassen. „Die Menschen werden immer älter und ich bin der Meinung, dass wir die Senioren einfach mehr einbeziehen müssen.“ Mit einem Mangel an jüngeren Interessentinnen, den viele Vereine zu beklagen hätten, habe die Entscheidung nichts zu tun, betont Brunner. „Wir hätten in diesem Jahr sogar zwei gehabt.“
Mit Gymnastik, Treppensteigen und Spazieren bleibt sie fit
Ob sie tatsächlich Deutschlands älteste Faschingsprinzessin ist, wie der Kemptener Verein vermutet, ist unklar. „Das Alter der Prinzessinnen wird nicht registriert“, sagt Volker Wagner, Präsident des Bundes Deutscher Karneval, der mehr als 5000 Vereine vertritt. Auf das betagte Prinzenpaar kommt in den nächsten Wochen einiges zu. Mutter und Sohn werden bei verschiedenen Faschingsumzügen dabei sein und Bonbons vom Wagen in die Menge werfen. Hinzu kommen ein paar Zunftempfänge.
Als Höhepunkt der Saison wartet am Faschingssamstag der Umzug durch die Kemptener Innenstadt, an dem laut Brunner rund 70 Vereine teilnehmen. „Es ist schon eine Herausforderung, aber wir schaffen das“, sagt Bruno Geppert angesichts der kurzen Faschingssaison bis Anfang Februar zuversichtlich. Seine Mutter sei trotz ihrer 100 Jahre erstaunlich fit. „Sie macht jeden Tag Gymnastik, geht spazieren und mehrmals am Tag die 50 Stufen in ihre Wohnung rauf und runter.“ Seit der Inthronisation des ungewöhnlichen Prinzenpaars ist der Medienrummel um Charlotte I. und ihren Sohn groß.
Die vielen Fototermine und Interviews im Haus der Familie Geppert, die in der Kemptener Altstadt ein Pelzgeschäft führt, strengen zwar an. Trotzdem lächelt die 100-Jährige freundlich in die Kameras und steht geduldig Rede und Antwort.