Bayerische Altenpflegerin berichtet von Corona-Impfung: "Für mich ist es ein Aufatmen"
Wolnzach- Es sind die letzten Tage des alten Jahres, und bei Heide Kellerer und ihren Kolleginnen herrscht Wehmut, wenn man an den Silvesterabend denkt. Feiern, Umarmen, Geselligkeit – wegen der Corona-Pandemie fällt das alles aus. Die 44-jährige gelernte Altenpflegerin, Leiterin der Sozialen Betreuung im Haus der Senioren in Wolnzach, erinnert sich, dass es der für die Impfung zuständige Arzt war, der die Stimmung aufhellte: "Holt euch einen Sekt und feiert, ab jetzt geht euer neues Leben an", habe er gesagt. Das war am 30. Dezember 2020.
"Ich hätte gerne wieder ein normales Leben"
An diesem Tag kriegen nahezu alle Mitarbeiter und Bewohner von Kellerers Einrichtung ihre erste Impfung gegen Covid-19. Am Mittwoch soll planmäßig die zweite erfolgen. Schon jetzt sagt die Fachkraft der AZ: "Ich würde es sofort empfehlen." Sie habe selbst eine Immunerkrankung – ein Grund, warum sie sich für die Impfung entschieden habe. "Ich hätte gerne wieder ein normales Leben", sagt Kellerer. Und das ist mir das kleine Risiko der Impfung wert."
Geimpft wird sie wie die anderen in der Einrichtung: Zuvor sei das Einverständnis von allen Mitarbeitern und den Bewohnern oder deren Betreuern eingeholt worden, so die 44-Jährige. Zudem musste ein Fragebogen ausgefüllt werden: Welche Vorerkrankungen gibt es? Welche Medikamente werden genommen? Wurden in den vergangenen 14 Tagen andere Impfungen durchgeführt?
Als besonders wichtig beschreibt Kellerer das ärztliche Aufklärungsgespräch vor der Impfung: "Ich bin im Vorfeld selbst aktiv geworden, habe mich informiert und so hatten sich bei mir viele Mythen schon aufgeklärt. Aber das persönliche Gespräch mit dem Arzt hat vielen Mitarbeitern noch einmal große Sicherheit gegeben, dass das genau der richtige Weg ist", so die Pflegekraft.
Corona-Impfung: Viele Pflegekräfte sind (noch) skeptisch
Die Unsicherheit wiederum ist aus Sicht der Wolnzacherin der Hauptgrund, warum die Impfbereitschaft unter den Altenpflegekräften noch nicht so hoch ist, wie sie sein könnte. "Es steckt ganz viel Angst und Unwissenheit dahinter", sagt sie. "Viele fragen sich: Was passiert nach der Impfung mit mir? Welche Spätschäden gibt es?"
Diese Unsicherheit bestätigt auch Pressesprecher Sohrab Taheri vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK), das allein 123 stationäre Pflegeeinrichtungen betreibt. Die Impfbereitschaft liege bei den internen Pflegemitarbeitern nur bei 60 Prozent, sagt er der AZ. Aus Sicht des BRK braucht es dringend mehr Aufklärung. Bisher sind im BRK knapp 1.800 Pflegemitarbeiter intern geimpft worden (Stand 11. Januar). Mit jedem Tag aber steige die Impfbereitschaft, was sich auch in den Zahlen der letzten Tage zeige, heißt es.
Hohe Impfbereitschaft beim Klinikpersonal
Sehr hoch sei dagegen die Impfbereitschaft beim Klinikpersonal, teilt die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) auf AZ-Anfrage mit. Hier seien mehr als 40.000 Pfleger und Ärzte geimpft worden.
Heide Kellerer hofft, dass sich auch in der Altenpflege mehr Mitarbeiter impfen lassen. Sie selbst habe nach dem Piks in den Arm zwei Tage leichte Schmerzen an der Stelle gehabt, "wie bei jeder anderen Impfung auch". In ihrer Einrichtung hätte keiner Beschwerden nach der Impfung gezeigt.
Spätfolgen fürchtet sie nicht: "Ich bin 44. Wenn in 40 Jahren Spätschäden auftreten, hätte ich noch 40 schöne Jahre", sagt sie pragmatisch. "Das ist mir lieber, als dass mich nächste Woche Corona erreicht und ich womöglich beatmet werden muss oder Schlimmeres."
In ihrem Alltag hat sich seit der Impfung zwar nicht viel verändert, sagt die Pflegefachkraft. Lockerungen für Einrichtungen, in denen geimpft wurde, gibt es nicht. Aber das Gefühl, sagt sie, ist ein anderes. "Für mich ist es einfach ein Aufatmen, ein erster Schritt. Statt einem Blick in den schwarzen Tunnel hat man jetzt ein Ziel in Sicht." Und das ist ja mindestens ein Glas Sekt wert.
- Themen:
- Covid-19
- Rotes Kreuz