Bauernverband droht mit Klage gegen schärfere Dünge-Regeln

Bauern sind für gute Ernten auf Dünger angewiesen - doch wird im Übermaß gedüngt, nehmen nicht nur Pflanzen den Stickstoff auf - sondern das Grundwasser. Das ist in vielen Regionen Deutschlands der Fall, doch die Verschärfung der Vorschriften geht den Bauern zu weit.
von  dpa

Berlin/München (dpa/lby) - Gegen die Stimmen der bayerischen Staatsregierung hat der Bundesrat die Düngevorschriften für die Bauern verschärft, um die Nitratbelastung des Grundwassers zu reduzieren. Der Bayerische Bauernverband (BBV) kündigte am Freitag unmittelbar nach der Abstimmung an, alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen zu wollen, um die neue Düngeverordnung wieder zu entschärfen. Umweltschützer und Grüne dagegen begrüßten die neuen Auflagen.

Die Nitratgrenzwerte im Grundwasser werden vielerorts in Deutschland überschritten, Ursache ist nach Einschätzung der allermeisten Fachleute übermäßige Düngung in der Landwirtschaft. In diesem Zusammenhang spricht das Umweltbundesamt von "Stickstoffüberschuss" - denn Nitrat gelangt ins Grundwasser, wenn die gedüngten Pflanzen den Nährstoff nicht mehr aufnehmen können. Der Bundesrepublik drohten wegen der Nitratbelastung hohe Strafzahlungen der EU. Wegen der Corona-Krise gibt es nun eine Übergangsfrist bis Jahresende.

BBV und Staatsregierung argumentieren aber, dass die Verschärfung der Vorschriften über das Ziel hinausschieße. "Dass unsere Argumente dennoch seit Monaten vom Bund beiseite gewischt wurden und auch im Bundesratsverfahren keine Berücksichtigung gefunden haben, hat uns letztlich keine andere Wahl gelassen, als der Düngeverordnung nicht zuzustimmen", sagte Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU).

Die neuen Regeln schreiben unter anderem vor, dass die Länder bis zum Jahresende Regionen mit besonders hoher Nitrat-Belastung - sogenannte rote Gebiete - ausweisen müssen. "Es ist das Mindeste, dass die Neuregelungen für Landwirte in besonders belasteten Gebieten bis zum 1. Januar ausgesetzt werden, da deren Ausweisung noch völlig unklar ist", sagte Kaniber dazu. "Eine generelle Verschiebung der Auflagen wäre das Gebot der Stunde gewesen."

Der BBV fürchtet schrumpfende Ernten, wenn Gemüse, Getreide- und Futterpflanzen weniger Nährstoffe bekommen als bisher. Ein Kritikpunkt ist, dass die neuen Regeln pauschal für alle Bauern in einem Gebiet gelten - so dass diejenigen, die Dünger sparsam einsetzen, genauso die Verschärfung der bürokratischen Auflagen zu spüren bekommen werden wie Betriebe, die bislang weniger Rücksicht aufs Grundwasser nehmen. Der BBV werde in Abstimmung mit dem Deutschen Bauernverband und den anderen Landesbauernverbänden "alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um noch die nötigen Korrekturen zu erreichen", hieß es in der Mitteilung.

Die Bauernprotestbewegung "Land schafft Verbindung" (LSV) kritisierte die Verabschiedung der Verordnung scharf: "Es ist ein Kompromiss ohne weitere wissenschaftlich fundierte Prüfung und belegbare sowie belastbare Daten und Fakten", erklärte LSV Bayern.

Der Naturschutzverband BUND sieht das genau entgegengesetzt: "Seit über 25 Jahren hält Deutschland die EU-Vorgaben zum Gewässerschutz nicht ein", erklärte der Vorsitzende Olaf Bandt. "Darum muss endlich gehandelt und unser Grundwasser geschützt werden." Grundwasser sei die wichtigste Trinkwasserressource und Lebensmittel Nummer eins.

Die Grünen im Landtag reagierten ebenso erfreut auf die Berliner Entscheidung: "Zwei Signale wurden damit ausgesendet: Gemeinwohl geht vor Einzelinteressen und die Politik ist nicht erpressbar", sagte die Abgeordnete - und Biobäuerin - Gisela Sengl.

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