Bauern Schuld an Umweltproblemen? Bayerns Landwirtschaftsministerin ärgert sich

AZ-Interview mit Michaela Kaniber: Die 41-jährige CSU-Politikerin aus Bad Reichenhall ist verheiratet und Mutter dreier Kinder. Seit März ist sie Landwirtschaftsministerin.
AZ: Frau Kaniber, Sie sagen, „Die Landwirtschaft ist die Seele der Heimat“. Was meinen Sie damit?
MICHAELA KANIBER: Von dem, was unsere bayerischen Bauernfamilien leisten, profitieren alle Bürgerinnen und Bürger. Unsere Bäuerinnen und Bauern produzieren hochwertige Lebensmittel. Sie prägen und gestalten unsere wunderschönen Landschaften – von den Almen im Süden über die Hopfengärten der Hallertau bis zu den Weinbergen Frankens. Und sie sichern den sozialen Zusammenhalt in den Dörfern. Sie sind es, die die Heimat lebens- und liebenswert erhalten.
Vielen Bürgern ist das aber gar nicht bewusst.
Deshalb möchte ich die Landwirtschaft stärker in die Mitte der Gesellschaft rücken, die Wertschätzung der Menschen für die Arbeit unserer Bauern verbessern.
Das sehen aber Naturschützer doch etwas anders. Sie werfen den Landwirten vor, durch den Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln den Boden und das Grundwasser zu belasten und für das Bienensterben verantwortlich zu sein. Wie sehen Sie das?
Ich finde das höchst unanständig. Keine andere Bevölkerungsgruppe wird derart pauschal an den Pranger gestellt, wenn es um Themen wie Umwelt-, Tier- und Klimaschutz geht. Das ist ungerecht und es ärgert mich. Und es steht im Widerspruch zur harten und wertvollen Arbeit, die unsere Bauern für die gesamte Gesellschaft leisten – weit über die Produktion von Lebensmitteln hinaus. Unsere Bäuerinnen und Bauern nehmen ihre Verantwortung für Natur und Umwelt sehr ernst. Sie haben bereits große Anstrengungen unternommen, um den Einsatz von Düngemitteln zu verringern und Blühflächen in unseren Landschaften anzulegen. Jeder zweite Betrieb – mit insgesamt mehr als einer Million Hektar Fläche – nimmt an unserem Kulturlandschaftsprogramm teil und schont damit Natur und Umwelt besonders.
Wie unterstützen Sie die Betriebe dabei?
Durch Bildung, Beratung und gezielte Förderung. Aber auch die Verbraucher müssen zu ihrer Verantwortung stehen, bereit sein, für mehr Qualität auch mehr Geld zu zahlen. Jeder kann an der Ladentheke mitbestimmen, welche Art Landwirtschaft betrieben wird.
Aber bei den Treibhausgasen ist die Landwirtschaft einer der Hauptverursacher. Gleichzeitig gehört sie zu den Hauptbetroffenen des Klimawandels. Welche Veränderungen kommen auf die Bauern zu?
In der Tat sind unsere Bauern, Waldbesitzer, Gärtner und Winzer die Hauptbetroffenen des Klimawandels. Immer häufigere Witterungsextreme sorgen für Produktions- und Ertragsrisiken, steigende Temperaturen für mehr Krankheiten und Schädlinge. Darauf müssen sich unsere Bauern einstellen. Und die Staatsregierung unterstützt sie dabei nach Kräften. Etwa durch bessere Risikoabsicherung. Eine Daueraufgabe bleibt auf der anderen Seite natürlich die Verringerung der Treibhausgasemissionen durch die Landwirtschaft. Zur Ehrlichkeit gehört aber auch dazu, dass es hier klare Zielkonflikte gibt. Ein Beispiel: Die von der Gesellschaft gewünschten Laufställe mit viel Platz, offen und mit Auslauf verbessern zwar das Tierwohl, sorgen allerdings für höhere Emissionen. Hier gilt es, vernünftige Kompromisse zu finden. Mit ideologischen Schuldzuweisungen ist keinem geholfen.
Der Einsatz des Herbizids Glyphosat ist hochumstritten, möglicherweise krebserregend. Ministerpräsident Markus Söder hat vor seiner Wahl einen schnelleren Ausstieg als der Bund angekündigt. Wird Bayern vorlegen?
Bayern hat bereits vorgelegt: Unser Ziel ist es, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf das absolut notwendige Maß zu beschränken. Das gilt auch für Glyphosat. Es wäre aber unfair, unsere Bauern ohne Alternativen im Regen stehen zu lassen. Deshalb beschäftigen sich unsere Fachleute mit Bewirtschaftungsmethoden, die Glyphosat künftig überflüssig machen. Wir leisten hier Pionierarbeit. Wir haben zudem sämtliche Staatsgüter in meinem Geschäftsbereich auf glyphosatfreie Bewirtschaftung umgestellt, um Erfahrungen für die Landwirte zu gewinnen.
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