Bamberg: Mord-Prozess wird nach 22 Jahren wohl neu aufgerollt

Bamberg - Seit 1995 sitzt der Maschinenbauer aus Lauf an der Pegnitz im Gefängnis. Das Landgericht Bamberg hat Matthias Frey (48) wegen Mordes und Totschlag verurteilt und eine besonders schwere Schuld attestiert.
Frühestens Ende 2022 hat er die Chancen, entlassen zu werden. Oder geht es doch schneller? Der Nürnberger Rechtsanwalt Malte Magold, der den Häftling vertritt, ist von dessen Unschuld überzeugt und will die Wiederaufnahme des Verfahrens erreichen. Der entsprechende Antrag, ein 100-Seiten-Papier, soll bald beim Landgericht eingereicht werden.
Magold beschäftigt sich intensiv mit dem Fall. Er hat in dem Berg von Prozess- und Ermittlungsakten "eine Fülle von Fragwürdigkeiten" ausgemacht. Und er ist nicht der Einzige, der an die Unschuld von Matthias Frey glaubt. Sein Vater, Rudolf Frey, ein ehemals hochrangiger städtischer Beamter in Bamberg, hält ebenfalls daran fest: "Mein Sohn ist kein Mörder."
Vernehmung unter Drogen?
Auf einer Internetseite, die unter dem Namen des Gefängnisinsassen geführt und vom Vater gepflegt wird, geht es nicht nur um mögliche Schlampereien und Fehler von Polizei und Justiz. Verschwörung im großen Stil ist die Dimension, die der Ex-Beamte und sein Sohn zu erkennen glauben. Mit seinen Theorien tritt Rudolf Frey auch öffentlich auf, etwa bei einer Veranstaltung mit Gustl Mollath.
Es klingt abenteuerlich: Die Vernehmungsbeamten der Polizei, so behauptet Freys Vater, hätten seinen Sohn unter Drogen gesetzt, um ihm auf diese Weise ein Geständnis zu entlocken und ihm die Verbrechen anhängen zu können.
Und warum? Laut Frey ganz klar: "Die Spuren des damaligen Oberbürgermeisters ins Drogenmilieu sollten verwischt werden." Der Sohn des besagten Oberbürgermeisters bezeichnete diesen Vorwurf als "absurd". Derartige Theorien, zu der auch das Verschwinden einer Leiche gehört, spielen nach Aussagen Magolds für das Wiederaufnahmeverfahren keinerlei Rolle: "Ich ziehe nur die Akten heran, die sprechen für sich."
Münchner Rechtsmediziner stellt Ungereimtheiten fest
Für die Interpretationen des Vaters äußert er aber Verständnis. Daraus spreche sein großes Misstrauen gegenüber den Behörden. "Grund dafür", sagt Magold, "hat er. Auf der Basis, die sich aus den Akten erschließt, hätte sein Sohn niemals verurteilt werden dürfen. Er kann es gar nicht gewesen sein."
Rudolf Frey habe eine Vielzahl von Hinweisen, Indizien und Belege zusammengetragen, die gegen die Schuld seines Sohnes sprechen würden. Auch der Münchner Rechtsmediziner Wolfgang Eisenmenger, dem Rudolf Frey Akten zur Verfügung gestellt hatte, stellt Ungereimtheiten fest.
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Dem Urteil zufolge hat Matthias Frey erst eine Bekannte getötet, dann deren Freund und bei beiden eine Axt benutzt. "Die Befunde", stellt Eisenmenger fest, "sind tatsächlich nicht ohne weiteres mit dem angenommenen Tatwerkzeug, einem Beil, zu vereinbaren, vielmehr sprechen diese Befunde zunächst für ein messerähnliches Werkzeug."
Für Magold steht fest, dass vielen Widersprüchen, die eine Entlastung für Frey bedeutet hätten, nicht nachgegangen worden sei. Als Beispiel nennt er Spermaspuren am weiblichen Opfer. "Die Frau hatte kurz vor ihrem Tod Sex.
Möglicherweise wurde sie vergewaltigt und das Motiv ihres gewaltsamen Todes ist hier zu suchen. Aber von wem die Spuren stammen, wurde überhaupt nicht ermittelt." Rudolf Frey hat schon einmal einen Wiederaufnahmeantrag in Eigenregie gestellt. Er wurde abgewiesen. So einfach funktioniert es nach Ansicht Magolds diesmal nicht mehr.