Bald verdient er 4-mal soviel

„Ich hatte die Nase voll“ – Stahlbetonbauer Marco Schaarschmidt zieht mit seiner Ehefrau nach Norwegen.
von  Abendzeitung
Schöne Aussichten: Doch nicht nur die wunderschöne Natur in Norwegen lockte Marco Schaarschmidt – es waren vor allem die norwegischen Arbeitsbedingungen.
Schöne Aussichten: Doch nicht nur die wunderschöne Natur in Norwegen lockte Marco Schaarschmidt – es waren vor allem die norwegischen Arbeitsbedingungen. © bayernpress

„Ich hatte die Nase voll“ – Stahlbetonbauer Marco Schaarschmidt zieht mit seiner Ehefrau nach Norwegen.

NÜRNBERG Die gepackten Kartons stapeln sich im Flur der 90-Quadratmeter-Wohnung. Der große Vitrinenschrank ist bereits leer, und einige Regale sind schon abgebaut: In vier Wochen ziehen Marco (33) und Iris Schaarschmidt (34) weg aus der Nürnberger Südstadt. Es ist kein normaler Umzug in eine andere Wohnung – das Paar wandert aus. In Norwegen bauen sich die zwei ein neues Leben auf. Dort wartet ein 10-Zimmer-Haus und ein neuer Job: „Ich verdiene viermal so viel, und es ist eine Arbeit auf Lebenszeit“, erklärt der Beton- und Stahlbauer.

In Norwegen herrscht Vollbeschäftigung

Allein 2008 half die zentrale Auslandsvermittlung der Arbeitsagentur in Nürnberg 545 Menschen beim Start in einem anderen Land. Meist ist Arbeitslosigkeit der Hauptgrund. Bei Marco und Iris ist das nur ein Aspekt. Im Urlaub vor sechs Jahren hatten sich die beiden in Norwegen verliebt: wilde Natur, malerische Fjorde, Berge, viel Platz und wenig Hektik. Dazu jede Menge gut bezahlte Arbeit – im Land der Wikinger mit nur 4,5 Millionen Einwohnern herrscht Vollbeschäftigung.

Dass im Supermarkt eine Flasche Bier drei Euro und ein Kilo Rindfleisch 55 Euro kostet schreckte Marco Schaarschmidt ebenso wenig ab wie die Tatsache, dass es an 250 Tagen im Jahr regnet. Er paukte die Sprache und fand in einem Ort an der Küste 260 Kilometer nördlich von Bergen eine Anstellung. Für 14 Monate ging er in den Norden, wo es im Winter nur vier Stunden am Tag hell ist – aber im Sommer die Sonne nie untergeht: „Ich wollte gar nicht mehr zurück.“ Nur Ehefrau Iris, die in Nürnberg als Patentanwaltsfachangestellte arbeitet, zögerte. Marco kehrte heim: „Aber ich wurde mehrfach arbeitslos, die Arbeitsbedingungen sind hier nicht zu vergleichen, auch das Bildungs- und Sozialsystem ist viel schlechter. Ich hatte die Nase voll.“

Von seinem Chef in Norwegen hatte Marco die Option, jederzeit zurückkommen zu können. Als die beiden ihr Traumhaus am Meer fanden, willigte Iris ein. Zur Zeit lernt sie die Sprache und wird sich dann auf einen Büro-Job bewerben: „Da finden wir was.“

Frischer Seelachs und bei der Miete ist das Boot inklusive

Familie und Freunde sehen es mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Aber wir werden vermutlich für die nächsten zehn Jahre mit Besuchen ausgebucht sein“, freut sich der Auswanderer. Fünf Stunden braucht der Flieger. Im neuen Heim in Eike Fjord ist jedenfalls genug Platz. Das Meer ist fünf Minuten entfernt, in der Miete (1000 Euro) ist ein Boot mit drin. Statt Schweinebraten und Schäufele wird es selbst gefangen Seelachs, Dorsch und Kabeljau geben. Eins muss der Besuch immer mitbringen: Bier aus Franken! Fünf Liter sind bei der Einreise erlaubt.

Ein bisschen aufgeregt sind die Neu-Norweger schon: „Hoffentlich geht alles glatt. Aber gerade angesichts der wirtschaftlichen Lage bin mir sicher, dass wir das Richtige tun.“ Andrea Uhrig

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