Bald müssen süße Tiere eingeschläfert werden!
Nürnbergs Tierheim-Chef Denny Baruch beklagt einen dramatischen Rückgang der Spendensumme. Das Asyl ist derzeit völlig überbelegt
NÜRNBERG Der Tierschutzbund schlägt Alarm: Deutschlands Tierheimen geht das Geld aus. Zum einen, weil sich immer mehr Bürger ihre Vierbeiner und Vögel finanziell nicht mehr leisten können, zum anderen, weil die Spendenbereitschaft sinkt. Wie ist die Situation in Nürnberg?
„Sie ist dramatisch“, bekennt Nürnbergs Tierheim-Leiter Denny Baruch. „Wir sind derzeit zu 140 Prozent ausgelastet, viel mehr als vernünftig wäre.“ Derzeit warten 75 Hunde, 174 Katzen und 233 Kleintiere (wie Kaninchen, Meerschweinchen oder Vögel) in der Stadenstraße auf ihre Vermittlung.
Dazu kommen die Wildtiere: Im Sommer ziehen seine Mitarbeiter im Kleintierhaus über 800 abgegebene Wildvögel oder Eichhörnchen auf. „Und im Herbst geht’s los mit der Igel-Saison“, erklärte Denny Baruch. „Letzten Winter hatten wir 130 Igel.“
Mittlerweile gibt es sogar eine Warteliste, wenn man eine Katze abgeben will. Die sei bereits vier DIN-A-4-Seiten lang. „Es kann bis zu einem Vierteljahr dauern, bis man seine Mietze bei uns abgeben kann, aber es geht nach Dringlichkeit“, so Baruch. „Schließlich sollen die Katzen halbwegs vernünftig untergebracht werden.“ Doch manche skrupellose Halter wollen nicht abwarten und setzen ihre lästigen Stubentiger einfach aus, so dass sie als Fundtiere in der Stadenstraße landen.
1,6 Millionen Euro Kosten pro Jahr
Insgesamt werden dort 5000 Tiere im Jahr betreut. Rund 1,6 Millionen Euro betragen die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und medizinische Betreuung. 60 Prozent Zuschuss kommt von der Kommune Nürnberg, dafür betreue man auch die vielen Fundtiere, für die sonst die Stadt aufkommen müsste. Der Rest von 40 Prozent wird aus dem hauseigenen Budget draufgelegt.
Doch die Spendeneinnahmen, auf die man dringend angewiesen sei, gehen zurück. Egal, ob es sich um kleine oder große Beträge wie Erbschaftsnachlässe handelt. Der Einbruch liege inzwischen bei 50 Prozent, schätzt der Tierheim-Chef: „Wir spüren die Finanzkrise seit längerem deutlich.“
Auch weil die Nachkriegs-Generation, die viel gespart und dann vielleicht 500000 Euro dem Tierheim vermacht hat, langsam aussterbe.
Doch man brauche auch Geld, um ins Tierheim zu investieren. „Wir haben unsere Einrichtung seit Jahren zum Wohl der Tiere verbessert“, so Baruch. Dabei dauere die Vermittlung immer länger – oft bis zu drei Monate – weil viele alte und kranke Tiere abgegeben werden, wie bei 30 Prozent der Hunde oder zehn Prozent der Katzen.
Fazit: „Wenn unsere Situation nicht besser wird, müssen wir Einsparungen vornehmen und die Tierbestände reduzieren“, bedauert Baruch. „Das heißt, wir sind gezwungen, weniger Tiere aufzunehmen. Kleinere Tierheime können inzwischen schon gar keine teuren Operationen mehr machen. Dann besteht die Gefahr, dass immer mehr Tiere eingeschläfert werden müssen, damit sie nicht unnötig leiden.“ Die Kosten sind kein Pappenstiel: In Nürnberg wird ein Fünftel des gesamten Budgets für medizinische Betreuung verwendet.
Bei den abgegebenen Fundkatzen wiederum gäbe es eine einfache Lösung, ihre Zahl zu reduzieren: „Wenn jede Katze mit einem Mikrochip versehen wird, kann man leicht ihren Besitzer ermitteln. Denn von 175 abgegebenen Katzen werden 110 nicht mehr abgeholt“, so Baruch. „Dabei bräuchte die Stadt die Kennzeichnung mit dem Mikrochip bloß verfügen, dann hätten wir bloß noch 30 statt 110 restliche Katzen zu versorgen. Aber da hat man rechtliche Bedenken.“ cis
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