BA-Chef Weise: Seine fünf unbequemen Wahrheiten
NÜRNBERG - Deutschlands oberster Job-Vermittler war zu Gast beim Politischen Frühschoppen im Nürnberger Bratwursthäusle – und fand deutliche Worte zum Versagen der Manager und ihren Gehältern
Er ist der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Chef von über 100000 Menschen: Frank-Jürgen Weise. Er ist Deutschlands oberster Job-Vermittler, an der Schnittstelle zwischen Praxis und Politik. Gestern war er beim politischen Frühschoppen zu Gast im Bratwursthäusle in Nürnberg. Mitgebracht hat er fünf unbequeme Wahrheiten – vom Quelle-Desaster über das deutsche Bildungs-Defizit bis hin zu den überhöhten Manager-Gehältern:
Arbeitslosigkeit: „Diese Krise hat einen so neuen Charakter, dass bisher fast jede Prognose, sei es zu Wachstum oder Arbeitslosigkeit, falsch war. Ich denke, wir werden in diesem Jahr die vier Millionen Arbeitslosen nicht erreichen. 2010 werden wir unter fünf Millionen bleiben. Aber wir werden im Januar und Februar einen signifikanten Anstieg der Zahlen haben.“
Kurzarbeit: „Die Kurzarbeit ist ein Risiko. Einerseits hilft sie natürlich bei der Überbrückung der Krise – kostet aber auch rund 5 Milliarden Euro. Andererseits bedeutet Überbrückung, dass es danach besser werden muss. Bleibt das aus, hat man plötzlich viele teure Arbeitslose mehr, die sich lange Zeit nicht um einen neuen Job gekümmert haben. Das ist ein Risiko, das wir eingehen.“
Quelle: „Ich freue mich natürlich über die gute Arbeit, die wir vor Ort bei Quelle gemacht haben. Aber das ist auch das, wofür wir bezahlt werden: dazusein, wenn Menschen in Not kommen. Was die Ursache der Quelle-Misere anbelangt: Da schließe ich mich der herrschenden Meinung an, dass dramatisch viele Management-Fehler die Firma an die Wand gefahren haben.“
Nürnberg: „Ich sehe in Nürnberg viele gute Firmen, viele gute Ideen. Nürnberg hat eine gute Infrastruktur, eine gute Bildungsstruktur. Die Metropolregion ist eine gute Sache. Ich erwarte, dass wir die Krise gut meistern werden. Wichtig ist aber die Bildung und die Ausbildung der Menschen. Ich erwarte von den Schulen, dass sie um jeden Schüler kämpfen.“
Manager-Kritik: „Wer privates Vermögen in eine Firma investiert und hart arbeitet, der kann gerne viel verdienen. Aber ein angestellter Manager darf nicht derartig profitieren, dass es keine Relation mehr zur Arbeit gibt. Da müssen gerade die Banken einige Diskussionen führen. Dass schon wieder exorbitante Boni gezahlt werden, ist zu viel.“ M. Mai