AZ-Besuch im kleinsten Heilbad Bayerns

Bad Alexandersbad ist ein prickelnder Kraftort im Fichtelgebirge: Das kleinste Heilbad im Freistaat lag bisher im Dornröschenschlaf.
Eva von Steinburg |
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Heilwasser als Trinkkur: Der Eisengehalt ist hoch.
Florian Miedl Heilwasser als Trinkkur: Der Eisengehalt ist hoch.

Das Heilwasser der Luisenquelle ist ein "Schampus der Natur", sagen die Menschen im Fichtelgebirge. Es prickelt. Denn das Bitzelwasser sprudelt mit Kohlensäure aus der Erde. Die flüssige Artzney gibt es im historischen Ort Bad Alexandersbad – ein freundliches 988-Einwohner-Dorf mit einem Superlativ: Der Kraftort in Oberfranken ist das kleinste Heilbad Bayerns, der kleinste aller 47 anerkannten Kurorte im Freistaat.

Gesundheits-Rezept: Nase zu und in kleinen Schlucken trinken

Richtig gut riecht sein Heilwasser nicht, das sich Gäste in Gläser und Karaffen abfüllen. Wie es schmeckt?: "Na ja", sagt ein Kurgast, ein anderer meint ehrlich: "greislig!". Doch es scheint zu helfen: Bei Verdauungs- und Gallenproblemen, bei Gicht, Schilddrüsenchaos oder Nierenkrankheit – und mehr – wird eine Trinkkur medizinisch empfohlen.

Heilwasser als Trinkkur: Der Eisengehalt ist hoch.
Heilwasser als Trinkkur: Der Eisengehalt ist hoch. © Florian Miedl

Der Eisengehalt der 1734 entdeckten Quelle ist so hoch (24 Milligramm pro Liter), dass sich die Trinkbecher im Kurhaus mit der Zeit rostig-gelb färben. Das Gesund-Rezept in Bad Alexandersbad lautet also: Nase zu und in kleinen Schlucken trinken. "Reinigend und belebend" soll das Wasser laut Broschüre wirken.

Schloss ist ein Zentrum der Osteopathie

Die Mini-Gemeinde Bad Alexandersbad im sozialdemokratisch und evangelisch geprägten Fichtelgebirge erfindet sich gerade komplett neu: Viel Grün im Ort ist frisch angepflanzt, wie die romantische Hainbuchen-Allee. Kniehohe, bunte Blühwiesen schmücken die Ränder der Hauptstraße.

Der granit-gepflasterte Alexanderplatz wurde erst im Juli eingeweiht. Hier liegt das historische Kurhaus: das markgräfliche Schloss mit seinen denkmalgeschützten Gartenanlagen. Der alte Bau ist heute ein Zentrum für Osteopathie. Der Bundesverband hat hier seinen Hauptsitz. Moderner Blickfang gegenüber ist das 2017 eingeweihte luxuriöse "Alexbad" – ein Panorama-Schwimmbad mit Alu-Becken. Architektur auf Weltstadtniveau: "Klare Linien sollen den Gast innerlich zur Ruhe kommen lassen. Die volle Welt – sie darf draußen bleiben", so eine Mitarbeiterin.

Im "Champagner-Bad" mit Heilwasser kitzeln die feinen Bläschen

In den Therapie-Räumen wird "aktivierend" gearbeitet, etwa beim "Champagner-Bad". Im kalkfreien Heilwasser steigen feine Kohlensäure-Bläschen nach oben, kitzeln an Rücken und Beinen und zerplatzen an der Wasseroberfläche. "Dieser Sauerbrunnen entgiftet", erklärt Kosmetikerin Anja Och aus der Bäderabteilung. Dann verschwindet die junge Frau in der Moorküche.

In den 80er- und 90er-Jahren sei in Oberfranken die Porzellan- und Textilindustrie "abgeschmiert", beklagen Einheimische. Schuld war die Globalisierung mit der Verlagerung der deutschen Produktion nach China. Das Heilbad stand bald ebenfalls am Abgrund: Der rigide Sparkurs im Gesundheitsbereich in den 80er-Jahren zog einen drastischen Abfall bei Badekuren nach sich: Therapieflächen standen leer, später wurde auch das Sporthotel abgerissen. "Bei uns war viele Jahre über eine depressive Stimmung", sagt Bürgermeister Peter Berek. Denn 1980 hatte der winzige Kurort noch 130.000 Übernachtungen, 2016 waren es nur noch 46.000, 2018 aber schon wieder über 55.000 – Tendenz steigend.

Mit der Eröffnung des "Alexbades" ist Bad Alexandersbad aus seinem Dornröschenschlaf erwacht: "Jetzt sind die Leute im Aufbruch – und wir zaubern", sagt Peter Berek. Als eine der ersten Kommunen in Franken setzt seine Gemeinde auf Nachhaltigkeit: LED-Beleuchtung, Bioenergie, Photovoltaik – und konsequente Bürgerbeteiligung bei der Ortsentwicklung.

Mutig: Ein kleiner Ort leistet sich gute Architekten

Gräser und Granit sorgen für Flair: Mutig und stilvoll wurden Räume und Plätze mit Gespür und hochwertigem Material neu geschaffen. "Wir haben uns als kleiner Ort getraut uns gute Architekten zu leisten", erklärt der Bürgermeister die besondere Atmosphäre.

Das zweite Geheimnis ist das Puppenstubenformat: kurze Wege und eine außergewöhnlich persönliche Ansprache. "Für die Menschen im Fichtelgebirge zählt mehr Sein als Schein", findet Peter Berek von der CSU. Etwas Vergessenes, einen Zauber könne man hier finden, rund 30 Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt. "Zeit füreinander und die Gabe Menschen ins Herz zu blicken", ergänzt eine Therapeutin.

"Hier ist Ruhe. Da können noch ein paar kommen, bis es laut wird", bestätigt Andreas Beneker, Pfarrer und Leiter des Evangelischen Bildungszentrums – ein Haus, in dem Kurgäste übernachten: "Waldbaden können Sie bei uns bis zum Abwinken" – in tiefgrünen Märchenwäldern mit moosbewachsenen Granitbrocken. Im Kurort steht "bessere Lebensführung" auf dem Stundenplan: Raucherentwöhnung oder Auszeit zum Batterienaufladen. Präventionsangebote ziehen immer mehr gestresste Städter an: Beim Fünf-Tage-Gesundheitscoaching lernen Gäste ihr Leben entspannter und sportlicher anzugehen. Als Impuls dienen: ärztlicher Gesundheitscheck, Heilwasser-Anwendung, Beratung, Kneipp-Techniken, Training im digitalen Fitnessstudio, Yoga und Mediationswanderungen.

"Überanstrengte Mütter genießen oft schon Kleinigkeiten"

Nicht weit sind der Drehort des Kinderfilms "Die kleine Hexe" und Kleinwendern, ein "Archedorf" in dem viele seltene Nutztierrassen gezüchtet werden, wie Coburger Fuchsschafe, Rotvieh oder alte Kaninchenrassen – eine außergewöhnliche Attraktion. Kinder sind willkommen im Kinderhaus "Königin Luise". Damit möchte der Mini-Kurort Alleinerziehende anlocken. "Überanstrengte Mütter genießen oft schon Kleinigkeiten", sagt Gesundheitscoach Elke Seidel.

Von der Stärke ist die Bad Alexanderbader Eisenquelle – mit ihren Mineralien und 3.300 Milligramm Kohlensäure pro Liter – vergleichbar mit Quellen der mondänen böhmischen Bäder Karlsbad und Marienbad. Anders als in Tschechien, können Gäste das Heilwasser aus Bad Alexandersbad aber nicht in der Flasche kaufen. "Es ist kostenlos für Jedermann", sagt Bürgermeister Berek: "Wir füllen das Wasser nicht ab. Es ist ja nicht unseres. Es ist ein Geschenk der Natur – und das muss laufen."


Weitere Informationen: www.gesundes-bayern.de, www.badalexandersbad.de. Diese Reise erfolgte auf Einladung von Bayern Tourismus.

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