Ausgequalmt! Rauchgegner feiern deutlichen Sieg

Bayerns Nichtraucher haben entschieden: Als erstes Bundesland wird in den Wirtshäusern des Freistaats ein ganz strenges Rauchverbot ohne jede Ausnahme eingeführt. Die Initiatoren jubeln, die Gegner warnen vor einer Spaltung.
von  Abendzeitung

MÜNCHEN - Bayerns Nichtraucher haben entschieden: Als erstes Bundesland wird in den Wirtshäusern des Freistaats ein ganz strenges Rauchverbot ohne jede Ausnahme eingeführt. Die Initiatoren jubeln, die Gegner warnen vor einer Spaltung.

Aus’qualmt is: Die Bayern haben sich selbst das restriktivste Rauchverbot der Republik auferlegt. Beim Volksentscheid zum Nichtraucherschutz stimmten am Sonntag 61 Prozent für ein strengeres Gesetz. Dagegen sprachen sich lediglich 39 Prozent aus.

Im Vorfeld war eigentlich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Befürwortern und Rauchern erwartet worden. Doch das Ergebnis fiel am Ende überdeutlich aus. In ganz Bayern gab es nur einen einzigen Kreis, in dem Mehrheit gegen eine Verschärfung der Raucher-Regelung zusammenkam: Wunsiedel im Fichtelgebirge. Damit ist der vierjährige Dauer-Streit über das Thema hoffentlich zu Ende.

Die Beteiligung an der Abstimmung war eher mau. Vielleicht war es das schöne Wetter. Oder der Kater nach der samstäglichen Fußballsause. Auf jeden Fall bemühten sich bloß 37,7 Prozent der Stimmberechtigten an die Wahlurne. Zum Vergleich: Bei der Landtagswahl 2008 gaben 57,9 Prozent ihr Votum ab. Und beim vorletzten erfolgreichen Volksentscheid im Jahr 1998 waren es 39,9 Prozent – die Abstimmung hatte damals übrigens die Abschaffung des Bayerischen Senats zur Folge.

Was bedeutet die neue Regelung? Künftig wird es keine Ausnahmen mehr geben. Ob in Eckkneipen, Bars, Diskos oder Festzelten – Qualmen ist bald überall verboten. Der Raucher-Bann soll ab August greifen. Damit hat sich das bisherige Gesetz exakt ein Jahr gehalten, bis es gekippt wurde.

Lockerungen, ade: Bislang ist der Griff zur Kippe zum Beispiel in Festzelten erlaubt gewesen, die nicht dauerhaft aufgebaut sind. Auch in „getränkegeprägten“ Kneipen, die weniger als 75 Quadratmeter Gastfläche haben, durften volljährige Raucher ihrem Laster frönen. Gaststätten oder Discos konnten abgetrennte Nebenräumen für sie einrichten.

Jetzt werden die Raucher vor die Tür verbannt. Ohne Wenn und Aber. Zurück auf Start also. Denn schon einmal gab es in Bayern ein absolutes Rauchverbot, beschlossen im Dezember 2007. Das strengste der Republik – wenn da nur nicht das Schlupfloch gewesen wäre, das die „Raucherclubs“ ermöglichte. Das Gesetz entwickelte sich in der Praxis zur Farce.

Später wurde es dann ohnehin aufgeweicht. Nach Verlusten bei Kommunal- und Landtagswahl 2008 schwenkte die CSU um. Ein echter Zickzack-Kurs. Und genau der rief die Vorkämpfer für den Nichtraucherschutz auf den Plan. Im Mai 2009 kündigte die ÖDP ihr Volksbegehren an, der Passauer Stadtrat Sebastian Frankenberger an vorderster Front. Jetzt sind er und seine Mitstreiter, darunter SPD und Grüne, am Ziel. Es wird ein Qualm-Verbot ohne Ausnahmen geben – und ohne Schlupfloch für angebliche „geschlossene Gesellschaften“.

Der formale Verlierer ist das „Aktionsbündnis für Freiheit und Toleranz“, das eine Kampagne gegen das totale Rauchverbot gestartet hatte. Blamabel ist das Ergebnis aber vor allem für die CSU, die nun in Sachen Nichtraucherschutz zum x-ten Mal nachbessern muss. Und auch für den liberalen Koalitionspartner, der gegen eine Verschärfung des Gesetzes war. Mehrere FDP-Politiker zeigten sich nach dem Votum enttäuscht und kritisierten die CSU.

Ein paar Ausnahmen sind künftig selbst in Bayern noch drin – auch wenn sie den wenigsten Rauchern helfen: Auf der Bühne oder zum Beispiel bei polizeilichen Vernehmungen kann gequalmt werden..

Julia Lenders

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