Augustinerhof: Das sind die harten Abbruch-Helden
Wolfgang Perras und seine Männer betreiben den Rückbau mit ihren „Dinosaurier“-Baggern: zwei Caterpillar-Bagger, der eine rund 30 Tonnen schwer, der andere gar 50 Tonnen. Sie leisten ganze Arbeit. Und das schnell, denn bereits in rund sechs Wochen soll der erste Bauabschnitt abgeschlossen ein.
NÜRNBERG Der Boden zittert. Durch die Wasserfontänen und Staubwolken sieht man schemenhaft zwei gigantische Dinosaurier. Sie fressen sich mit stählernen Mäulern durch Wände. Durch Stahlbeton, der einst der Augustinerhof war – und jetzt nur noch ein Gebäudewrack ist. Verantwortlich dafür ist Jürgen Perras mit seinen 16 harten Männern. Der 37-Jährige ist der Chef der Abbruch-Sanierung Perras GmbH. Sein Auftrag: Den Augustinerhof, so wie er seit Jahrzehnten mitten in Nürnberg stand, zu beseitigen. Abriss nannte man das früher. Jetzt heißt das Rückbau.
Heute ist das Gebäude Nummer sieben an der Reihe. In den Wochen zuvor haben die Männer von Perras, alles stämmige Oberpfälzer, das Gebäude entkernt, giftige Altlasten entfernt, Fenster für Fenster herausgestemmt – Rückbau eben.
Baustellenleiter Franz Kuffer teilt um sieben Uhr morgens seine Leute ein – und das Gerät. Das ist mächtig. Zum Einsatz kommen die beiden Dinosaurier: zwei Caterpillar-Bagger, der eine rund 30 Tonnen schwer, der andere gar 50 Tonnen. Kuffer nennt den 30-Tonnen-Bagger mit dem Neun-Meter-Ausleger und den 800 Tonnen Druck erzeugenden Zangen liebevoll „Kleiner“. Der „Große“ hat einen 25-Meter „Longfront“-Ausleger, mit einer Beißzange, die immerhin noch 400 Tonnen Druck erzeugt. Damit zermalmen die Baggerfahrer Stahlbetonträger wie eine Stange Spargel.
"Obacht geben!“ beim Traumjob
Günther Fürnrieder ist einer der Baggerfahrer. Ein bärig-ruhiger Typ, seit 13 Jahren macht er seinen „Traumjob“. Fragt man ihn nach der größten Gefahr beim Abriss, lässt er sich Zeit. Dann kommt: „Wenn man in der Höhe arbeitet, ist es immer schlecht.“ Dann muss Fürnrieder nämlich trotz des 25-Meter-Baggerarmes ganz nah an das Gebäude heran, um in den oberen Geschossen zu arbeiten. Wenn dann von dort Teile herabfallen, wird’s brenzlig. Doch der 34-Jährige bleibt cool. Er sagt nur: „Obacht geben!“
Chef Perras sieht das genau so. Auch er ist Baggerfahrer aus Leidenschaft. „Die Highlights, die mach’ ich“, erklärt er grinsend. Fällt sein Blick auf die Geröllwüste im Augustinerhof, wird er ganz schnell ernst. Und ist stolz auf die Trümmer, die er fabriziert hat. „Dass ich einmal hier stehe, hätte ich vor zehn Jahren auch nicht gedacht.“ Denn eigentlich ist Perras Zimmermann. Und eher durch Zufall beim Abbruch gelandet. Vor elf Jahren hat er eine ausgebrannte Gaststätte saniert. „Mit einem VW-Caddy und einem Hilti-Hammer hat alles angefangen“, sagt Perras.
Das erste in Bayern zertifizierte Abbruchunternehmen mit "Schredder“ und „Brecher“
Ab dann war das Abbruch-Unternehmen ein Selbstläufer. Heute ist Abbruch-Perras das erste in Bayern zertifizierte Abbruchunternehmen. Der Oberpfälzer hat 16 Angestellte, sieben Caterpillar-Bagger, 50 Container, einen Container-Dienst, eine eigene Lkw-Flotte. Und er verfügt über Aufbereitungstechnik – wie etwa einen „Schredder“ oder einen „Brecher“. Denn die Trümmer werden noch vor Ort verkleinert und dann wieder recycelt. Dazu muss der Schutt getrennt werden. Das machen Maschinen und Menschen gemeinsam.
Damit nichts Giftiges bei den wiederverwertbaren Teilen landet, dafür sorgen Carmen Scharold und Jürgen Kißkalt. Sie sind vom LGA Institut für Umweltgeologie und untersuchen die Gebäude auf Giftstoffe und Stoffe, die gesondert entsorgt werden müssen. Dazu erstellte Scharold vor dem Abriss ein „Schadstoffkataster“. Sie nennt es „Rezept für den Rückbau“. Sieht man diesen Aufwand, versteht man, wieso Projektleiter Franz Hofbeck vom Bauträger Alpha-Gruppe betont, dass ein Rückbau oft komplizierter als der eigentliche Neubau ist.
„Die Abrissbirne war gestern.“
Jeden Mittwoch um 8.30 Uhr trifft sich Hofbeck mit Perras, Kuffer und den LGA-Experten. Sie besprechen den Baufortschritt und die weiteren Arbeiten. Und die haben es in sich, schier endlos scheint die Liste der Auflagen. Zum Beispiel die lückenlose Aufzeichnung über die ausgebauten Abfälle. Oder das „wasserrechtliche Genehmigungsverfahren“, das für einen Gerüstbau in der Pegnitz nötig war. Hofbeck seufzt: „Die Abrissbirne war gestern.“
Heute ist Präzision, Sauberkeit und Schnelligkeit gefragt. Bereits in rund sechs Wochen soll der erste Bauabschnitt abgeschlossen ein. Das heißt, es müssen noch vier Gebäude rückgebaut werden. Kein Problem, meint der Abriss-Chef. Und tatsächlich: Am Ende des Tages, um fünf Uhr, ist das Gebäude Nummer sieben Geschichte. Nur noch Schutt zeugt von seiner Existenz. Jürgen Perras stellt zufrieden den Motor seines Dinosauriers ab. Heute war ein zerstörerischer Tag. Ein guter Tag.
Martin Mai
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