Auf der Bühne geköpft

Der Grusel-Rocker Alice Cooper kommt nach Bayreuth. Im AZ-Interview spricht er über seine provokante Bühnen-Figur und die aktuelle Show
von  Abendzeitung

NÜRNBERG - Der Grusel-Rocker Alice Cooper kommt nach Bayreuth. Im AZ-Interview spricht er über seine provokante Bühnen-Figur und die aktuelle Show

Zuletzt baute der altgediente Varieté-Frankenstein sein Wunderland aus Galgenstrick und Guillotine in der Arena auf. Und teilte sich die Bühne mit Deep Purple. Jetzt kehrt Alice Cooper wieder – mit den Hardrock-Veteranen Whitesnake an seiner Seite. Nicht nach Nürnberg, sondern Bayreuth.

AZ: Hallo Mr. Cooper, Sie gehen gerade mit Ihrem neuen Album „Along came a spider“ auf Tour. Haben Sie eigentlich Angst vor Spinnen?

ALICE COOPER: Sie sind für mich die Inkarnation des Bösen. Schlangen mag ich. Eine Klapperschlange warnt dich, bevor sie angreift. Eine Spinne beißt einfach zu.

Der Hauptcharakter von „Along came a spider“ ist ja mehr als beunruhigend: ein Serienkiller.

Ja, die Story basiert auf einer Kurzgeschichte, die ich vor langer Zeit geschrieben habe. Wir Menschen sind von fiktiven Serienkillern fasziniert. Etwa Hannibal Lecter oder dem Joker aus Batman, während wir zum Glück von echten Serienkillern abgestoßen sind, denn sie sind die Ausgeburt des Bösen. Daher habe ich diesen fiktiven Charakter geschaffen, der sich in eine Spinne verwandeln will und deswegen acht Beine braucht, die er den Opfern abnimmt.

Wie schwierig ist es für Sie, Ihre eigene Metamorphose durchzuziehen? Dass sich Vincent Damon Furnier in Alice Cooper verwandelt?

Heutzutage ist es ganz einfach. Ich kann bis eine Minute vor Auftritt, auch schon in Make-Up und allem, ganz normal sein, mit meinen Musikern rumblödeln. Dann drehe ich mich um, gehe auf die Bühne und bin Alice, der arrogante Bösewicht. Danach verwandle ich mich wieder zurück. Aber ich muss zugeben, es gab Zeiten, da war das ganz anders. Da habe ich nicht verstanden, dass Alice und ich zwei eigenständige Personen sind. Alice war ein Teil von mir, ergriff Besitz von weiteren Teilen. Der Grund: Ich war ein Alkoholiker, dessen Wahrnehmung schwer getrübt war.

Sie, der gerne von erzkonservativen Gruppen als Satanist abgestempelt wird, fand durch Gott aus der Sucht.

Ich bin meiner Sucht entkommen, weil ich zu ihm gefunden habe. Ich stamme aus einem sehr christlichen Haus, mein Großvater war Priester. Aber erst in meiner Abhängigkeit habe ich den Weg zu Gott für mich gefunden. Und ich habe seit 26 Jahren keinen Tropfen mehr angerührt.

Trotzdem werden Sie von der politischen und religiösen Rechten weiter zum Antichrist hochstilisiert.

Das ist lächerlich, das ist Pharisäertum. Ich unterhalte mich mit denen ja öfter. Und sie sagen mir, ich mache unverantwortliche Dinge. Bei mir wird Alice auf der Guillotine geköpft, es fließt Blut. Und ich frage nur, wäre es okay, wenn ich stattdessen William Shakespeare aufführen würde? Und sie sagen, klar, das ist große Kunst. Da sage ich nur: da fließt viel mehr Blut als bei Alice!

In Ihrer Show gibt es den ewigen Kampf „Gut gegen Böse“ – der Sieger steht immer fest.

Ja, das Gute siegt. Das ist wie im Buch der Offenbarung, das Böse hat seinen Kopf erhoben und verloren. Deswegen wird der böse Alice auf der Bühne hingerichtet. Und schauen Sie sich die Show an: Sobald Alice tot ist, verändern sich die Farben, die Party beginnt, es gibt Luftballons und alles.

Und sehr viel Witz und Ironie.

Das stimmt. Ich denke sogar, dass diese Ironie der Leim ist, der Alice zusammenhält.

Interview: Matthias Kerber

Alice Cooper und Whitesnake: 22. 11., Oberfrankenhalle, Bayreuth

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