Auf da Oim, do gibt's koan Wirt: Traditions-Hütte Staufenhaus in Bayern sucht neuen Pächter

Anstehende Bauarbeiten am Staufenhaus machen eine Pacht zurzeit unattraktiv. Die Stadt Bad Reichenhall bietet Unterstützung an. Müssen Wanderer jetzt hungern?
von  Anne Wildermann
Panorama-Blick: Das Reichenhaller Haus (genannt Staufenhaus), das unterhalb des Gipfels des Hochstaufen steht.
Panorama-Blick: Das Reichenhaller Haus (genannt Staufenhaus), das unterhalb des Gipfels des Hochstaufen steht. © Rudolf Schicht

Bad Reichenhall - Seit fast 100 Jahren thront die Berghütte Reichenhaller Haus, auch Staufenhaus genannt, in den Chiemgauer Alpen, direkt unter dem Gipfel des Hochstaufen (1771 Meter).

"Dort angekommen kann man den Ausblick zusammen mit der weithin gelobten Hüttenküche genießen", heißt es auf der Internetseite des Deutschen Alpenvereins (DAV), Sektion Bad Reichenhall, Eigentümerin des Staufenhauses.

Zehn Bewerber: Neuer Pächter für das Staufenhaus gesucht 

Doch regionale Schmankerl werden Wanderern und Bergsteigern zurzeit nicht serviert. Grund: Es gibt nach wie vor keinen Pächter für die Hütte. Dabei haben sich laut Max Walch, Vereinsvorsitzender der DAV-Sektion Bad Reichenhall, auf die erste Ausschreibung hin zehn Personen gemeldet, auf eine erneute drei.

Anstehende Umbauten und Generalsanierungen im Jahr 2025, die ein Jahr dauern, "währenddessen der Betrieb stillsteht, und der in die Jahre gekommene Bestand der Hütte, machen den Betrieb schwierig und die Pachtübernahme zum aktuellen Zeitpunkt unattraktiv", erklärt Walch gegenüber der AZ.

Die Berghütte Reichenhaller Haus stammt aus den 20er Jahren

Der Altbau der Hütte wurde aus Stein zwischen 1925 und 1928 errichtet und soll erhalten bleiben. Die Anbauten aus Holz, die während der letzten Jahrzehnte entstanden sind, wie Küche, Pächterwohnung, Lagerräume und Sanitäranlagen, sollen komplett neu errichtet werden. Walch geht von einer Bausumme zwischen 1,5 und zwei Millionen Euro aus. Doch die Einnahmen des Staufenhauses liegen laut dem Vorsitzenden "im unteren fünfstelligen Bereich".

Kurz: Die Summe für die Sanierungsarbeiten "übersteigt die Einnahmen der letzten Jahre bei Weitem." Unabhängig dessen geben Walch und die anderen Vereinsmitglieder, die alle ehrenamtlich tätig sind, die Suche nach einem geeigneten Pächter nicht auf – wobei sie sich darauf einstellen, erst fürs kommende Jahr einen zu haben. Folge: Die Berghütte bliebe dieses Jahr geschlossen.

Die Stadt Bad Reichenhall will unterstützen

Allerdings kommt nicht jeder Bewerber in Betracht. Hütten- beziehungsweise Gastronomie-Erfahrung sollte der potenzielle Pächter mitbringen - allein schon, um die Betriebsabläufe zu kennen. Des Weiteren sollte er handwerkliches Geschick, "bestenfalls eine technische Ausbildung haben wie Elektriker oder Zimmermann", sagt Walch. Nicht zu vergessen: körperliche Fitness. Lebensmittel und andere Güter werden zwar per Hubschrauber geliefert, aber der Zustieg erfolgt ausschließlich zu Fuß. Dauer: zwischen eineinhalb und drei Stunden.

Aktuell steht Walch mit zwei verbliebenen Bewerbern im Gespräch. Er will demnächst mit ihnen das Objekt besichtigen, über die Pachtkonditionen und die Optionen während der Bauphase sprechen.

Auch die Stadt Bad Reichenhall hofft, dass sich ein Pächter für das Staufenhaus findet, "weil das Reichenhaller Haus eine lange Tradition hat und den Staufengehern eine willkommene Einkehr ist", teilt Oberbürgermeister Christoph Lung (CSU) auf Anfrage der AZ mit. Sollte sich für diese Saison kein Pächter mehr finden, sei dies für die Stadt und die Region im Ganzen sehr schade. Bei der Suche ist die Stadt zwar nicht involviert, aber Lung signalisiert, falls Unterstützung gewünscht sei, stehen der Bad Reichenhall-Tourismus und das Stadtmarketing zur Verfügung. "Mit der Vermittlung von Geschäften und Lokalen in der Innenstadt besteht hier eine gute Expertise, die Besetzung von Berghütten wäre insoweit aber Neuland."

Der Cashflow einer Hütte

"Jede Hütte ist in zwei betriebliche Teile gegliedert: Gastronomie und Logis", sagt Franz Güntner, Pressereferent beim DAV mit Hauptsitz in München. Während die Gastronomie von der Sektion an den Pächter, auch Hüttenwirt genannt, vergeben wird, bleibt die Beherbergung bei der DAV-Sektion. "Die Einnahmen der Nächtigungen werden also von dem Hüttenwirt im Namen der Sektion generiert. Er erhält dafür eine anteilige Rückvergütung pro Nächtigung", erklärt Güntner.

Die Einnahmen aus den Übernachtungen sind für die DAV-Sektionen, von denen es insgesamt 356 gibt, essenziell. Schließlich werden die Berghütten von den Geldern renoviert, instandgehalten oder es werden Neuinvestitionen getätigt.

Die Pacht für das Staufenhaus bleibt ein Geheimnis

Generell werden die Pachtverträge unbefristet abgeschlossen. Wie hoch die Pacht ist oder eine Größenordnung dieser, will der DAV auf Anfrage nicht nennen. Nur so viel: Die Pacht hänge von der Ertragskraft der jeweiligen Berghütte ab. Faktoren wie Größe, Lage, Erreichbarkeit, Anzahl der Tages- und der Übernachtungsgäste, Versorgungsmöglichkeiten (Fahrweg, Materialseilbahn, Helikopter) sowie Offenhaltungstage beeinflussen zusätzlich.

Insgesamt gehören dem DAV 325 öffentlich zugängliche Berg- und Schutzhütten in den Alpen und Mittelgebirgen. Davon 69 in den bayerischen Alpen, 183 in Österreich, eine in der Schweiz, 71 in den deutschen Mittelgebirgen und eine im französischen Mittelgebirge. Hinzukommen: 200 bewirtschaftete Hütten und 125 Selbstversorger-Hütten. Damit liegen nach Angaben des DAV 74 Prozent der bewirtschafteten Berghütten in Österreich und 26 Prozent in Bayern. Für deren Betrieb jeweils bestimmte Voraussetzungen gelten wie eine Gastgewerbeberechtigung (Österreich) beziehungsweise eine abgeschlossene Ausbildung in der Gastronomie oder im Lebensmittelhandwerk (Bayern).

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