Atommüll und Nationalpark: Söder will mit Tschechien reden

Der Nationalpark Bayerischer Wald vereint Naturschutz, Tourismus, Wirtschaft und Forschung: Als Geschenk zum 50-jährigen Bestehen wird das Areal erweitert. Ministerpräsident Söder nennt es einen "Schatz" - und äußert sich auch zur Debatte um Atommüll-Endlager.
Von Ute Wessels, dpa |
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Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern.
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern. © Sven Hoppe/dpa/Archivbild
Neuschönau

Deutschlands ältester Nationalpark soll größer werden - um gut 600 Hektar. Zum 50. Jahrestag der Eröffnung hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) das Informationszentrum in Neuschönau (Landkreis Freyung-Grafenau) besucht und die vom Ministerrat beschlossene Erweiterung offiziell verkündet. Der Nationalpark Bayerischer Wald sei ein Schatz, den es zu schätzen und zu schützen gelte, sagte er. Zur Debatte um mögliche Standorte für ein Atommüll-Endlager sagte Söder, es gebe wohl geeignetere Orte als einen Waldnationalpark.

Der Ministerpräsident will mit Tschechiens Regierungschef Andrej Babis über die Endlagersuche sprechen. "Das ist eines der Top-Themen und deswegen sollten wir in der ganzen Region und auch auf tschechischer Seite die Frage diskutieren: ist das der richtige Platz für ein Endlager", sagte der CSU-Chef. Er halte es für klüger, im Grenzgebiet von Bayern und Tschechien statt Atomendlagern einen der größten Waldnationalparks in Europa zu schaffen. Bayern sei beim grenzübergreifenden Nationalparkausbau "ehrlich gesagt auch bereit, finanziell mitzuhelfen" Investition an der Grenze voran zu bringen.

Die nun für den Nationalpark Bayerischer Wald beschlossene Erweiterungsfläche liegt an der Grenze zum Nationalpark Sumava (Böhmerwald). Insgesamt wird sich der Nationalpark auf deutscher Seite dann über knapp 25 000 Hektar erstrecken.

Nach dem Zwischenbericht der Bundesgesellschaft für Endlagerung ist das Granitvorkommen im Osten Bayerns aufgrund der vorliegenden geologischen Informationen grundsätzlich für ein Endlager geeignet. Der Prozess ist aber erst am Anfang, im weiteren Verfahren werden auch Oberflächen-Faktoren wie die Bevölkerungsstrukturen oder eben Flora und Fauna berücksichtigt. Söder betonte, er könne sich nicht vorstellen, dass es eine gute Idee sei, "direkt neben dem größten Waldnationalpark dann eine solche Endlagerstätte zu etablieren".

Auch auf tschechischer Seite ist die Region im dortigen Suchverfahren für ein Endlager im Gespräch. Rund 125 Kilometer entfernt von Regensburg könnte auf dem Gebiet der Gemeinde Chanovice womöglich bald ein Atommüll-Endlager gebaut werden.

Das Ziel, das die Gründerväter des Nationalparks vor 50 Jahren vor Augen hatten, ist nach Ansicht von Direktor Franz Leibl erreicht worden. Der Wald habe sich in Richtung Urwald entwickelt. Inzwischen seien 11 000 Tier-, Pilz- und Pflanzenarten nachgewiesen worden - darunter 16 Urwaldrelikt-Käferarten. Auch Luchse, Fledermäuse und Biber fühlen sich dort wohl - ebenso der gefürchtete Buchdrucker.

Etwa 1,3 Millionen Menschen besuchen jedes Jahr den Nationalpark. In diesem Sommer erlebte die Region angesichts der Corona-Pandemie einen besonders großen Urlauberansturm. Mit Investitionen in Höhe von 3,5 Millionen Euro bis 2024 - in Wanderwege, Barrierefreiheit und ein Besucherleitsystem - soll laut Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) die Attraktivität gesteigert werden. Aber, so sagte Söder, ein Nationalpark dürfe "kein Disneyland" werden. Er sei vielmehr ein Beispiel für die kluge Verbindung von Ökologie und Ökonomie.

Sieben Naturschutzverbande und Burgerinitiativen - darunter der Bund Naturschutz, Greenpeace und der Landesbund für Vogelschutz - gratulierten am Mittwoch zum Jubiläum und stellten in München zugleich ein Nationalpark-Bündnis vor. Damit setzen sie sich für die Errichtung eines dritten Nationalparks in Bayern ein.

Am Dienstag hatten bereits die Grünen die Schaffung eines dritten Nationalparks Bayern gefordert. Ein weiterer Nationalpark sei auch für den Artenschutz wichtig. Auch aus der SPD-Fraktion wurde erneut die Forderung laut, einen Nationalpark im Steigerwald mit einer Machbarkeitsstudie voranzubringen. Im Freistaat gibt es neben dem Nationalpark Bayerischer Wald einen zweiten in Berchtesgaden. 2018 hatte Ministerpräsident Söder nach einer langen Debatte entschieden, dass es auf absehbare Zeit keinen dritten Nationalpark geben werde.

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