Atempause am Königssee: Pläne für Riesen-Hotel liegen auf Eis
Schönau – Der Plan war groß, das Echo geteilt: Ein Vier-Sterne-Superior-Hotel mit 283 Zimmern und 660 Betten sollte an der Seelände entstehen und das touristische Herz der Gemeinde Schönau am Königssee neu beleben. Doch das Prestigeprojekt, das seit Jahren umstritten ist, steht nun vor einem möglichen Wendepunkt.
Rita Poser, Vorsitzende des Bundes Naturschutz (BN) Berchtesgadener Land, sagte bei einer Mitgliederversammlung, dass das juristische Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof derzeit pausiere. Ein Jahr lang soll die Normenkontrollklage von BN und Landesbund für Vogelschutz ruhen – auf Grundlage einer gemeinsamen Erklärung, die mit der Gemeinde abgestimmt wurde.
Neues Hotel: 660 Betten kommen wohl nicht
Darin heißt es: Die Klage vom November 2021 habe sich vor allem gegen die Schaffung einer zusätzlichen Übernachtungskapazität von jenen knapp 700 Betten an einem touristisch ohnehin überbeanspruchten Ort gerichtet – ohne nachgewiesenen Bedarf. Kritisiert wird unter anderem die massive Bauweise des Haupthauses, die das traditionelle, denkmalgeschützte Ortsbild und die umgebende Landschaft für Jahrzehnte negativ prägen würde.

Weitere zentrale Kritikpunkte der Umweltschützer: die geplante Bebauung in einem faktischen Überschwemmungsgebiet ohne gelöste Hochwasserproblematik im Bebauungsplan, die großflächige Bodenversiegelung mit erhöhter Hochwassergefahr sowie die alternativlose Verlegung und Verrohrung des Pletzgrabens.
Von den ursprünglich geplanten 660 Betten will man sich nun wohl verabschieden. Eine kleinere Lösung ist in Arbeit. "Es soll in der Dimensionierung deutlich zurückgegangen werden", so Poser. Wie genau die neuen Pläne aussehen, ist noch offen. Der Investor war für eine Rückfrage nicht erreichbar.
Verfahren ist vorerst ausgesetzt
Klar ist aber: Der bisherige Entwurf mit massiven Baukörpern, Tiefgarage und umfassender Versiegelung hat in der jetzigen Form wohl keine Zukunft. Für die Dauer eines Jahres bleibt das Normenkontrollverfahren nun ruhend – das Verfahren ist damit nicht beendet, aber vorerst ausgesetzt.
Erst nach Vorlage der überarbeiteten Pläne wird der Bund Naturschutz neu bewerten, ob und wie die Klage weitergeführt wird.
Auf Nachfrage bei der Gemeinde Schönau am Königssee ist der Bürgermeister nicht zu erreichen: Urlaubszeit. Der Geschäftsleiter der Gemeinde bestätigt telefonisch aber kürzlich erfolgte Gespräche zwischen Gemeindeverwaltung und BN.
Der geplante Neubau an der Seelände spaltet die Gemeinde seit Jahren. Bereits 2020 wurden erste Pläne öffentlich, nach denen auf dem Areal mehrerer leerstehender Gebäude – darunter das frühere "Badhotel", das "Landhaus Königssee" und ein Supermarkt – ein großflächiger Hotelkomplex mit Vier-Sterne-Superior-Standard entstehen soll. Vorgesehen waren zunächst 283 Zimmer und mehr als die doppelte Menge an Betten, dazu eine große Tiefgarage mit rund 200 Stellplätzen und Gastronomieflächen.
Kritik von Anfang an: zu massiv, zu dominant
Umweltverbände wie der Bund Naturschutz und der Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern äußerten früh massive Bedenken – und gingen schließlich auch juristisch dagegen vor.
Die Kritik: Die geplante Bebauung sei zu massiv, zu dominant und füge sich weder ins sensible Landschaftsbild noch in die historische Struktur des Ortes ein. Die Dimension des Hotels – über 100 Meter Gebäudefront zur Seelände, eine Höhe von über 20 Metern – sprenge jede ortsübliche Maßstäblichkeit.
Nach einem zunächst vorgesehenen Abriss großer Teile des denkmalgeschützten Alten Bahnhofs am Königssee könnte dieser am Ende sogar erhalten bleiben. Das um 1909 errichtete Gebäudeensemble ist ein Relikt aus der Zeit, als der Königssee Endpunkt der legendären Königsseebahn war. Die verbliebenen Gebäudeteile sollten laut bisherigen Planungen entweder abgetragen oder in ein modernes Gesamtkonzept "integriert" werden – ein Vorgehen, das der Heimatkundeverein Berchtesgaden damals als "Identitätsverlust" kritisierte.
Allen sei daran gelegen, dass das Projekt nicht scheitert, sagt Rita Poser – und auch die Gemeinde Schönau am Königssee schließt sich an. Denn bliebe das Areal rund um die Seelände auf unabsehbare Zeit in seinem jetzigen Zustand, wäre es weiterhin ein städtebauliches Sorgenkind, geprägt von leerstehenden Gebäuden und einem zunehmend verwahrlosten Umfeld.
Der Konsens zwischen Umweltverbänden, Gemeinde und Investoren ist daher eindeutig: eine akzeptable Lösung zu schaffen. Geringere Dimensionen könnte ein Schritt dazu sein.
- Themen: