Architektur-Streit – die neue Bibliothek steht auf der Kippe
OB Maly will eine breite Mehrheit – sonst wird der Bau aufgeschoben und Zuschüsse verfallen.
NÜRNBERG Entweder ganz oder gar nicht. OB Ulrich Maly (SPD) will keine „Kampfabstimmung“ über den Bau der Stadtbibliothek am Gewerbemuseumsplatz. Sollte sich keine breite Mehrheit dafür finden, dann wird das Projekt aufgeschoben. Für die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre. Solange werde es wohl keine Zuschüsse mehr geben. Der 24,5 Millionen Euro-Bau wird mit 9,5 Millionen Euro gefördert. CSU, Freie Wähler, Altstadtfreunde und die Architektenvereinigung Baulust haben in den letzten Tagen entdeckt, dass ihnen der Entwurf von Architekt Dietrich Kappler nicht gefällt.
Eine bizarre Diskussion in letzter Minute. Im August sollten die Abrissbagger rollen, die Verträge sind schon geschlossen. Seit 1999 wird der Um- und Neubau geplant. In der Zentralbibliothek soll der gesamte Bücherbestand unterkommen, außerdem die wertvollen Handschriften. Die Außenstelle im Pellerhaus wird aufgelöst. Beim Bau des Imax-Kinos wurden bereits große unterirdische Depots gebaut.
„Wir strukturieren derzeit die Abläufe um“, sagt die zuständige Kulturreferentin Julia Lehner (CSU). Ziel sei es, dadurch Personal einzusparen. Doch das gehe nur mit dem Umbau: „Wir brauchen die neue Zentralbibliothek!“
CSU-Sprecher: „Wir hätten sicher schon früher darauf kommen können, dass es uns nicht gefällt“
Doch ihre Partei zieht nicht mit. Neue Bibliothek ja. „Aber wir wollen eine andere Hülle“, sagt CSU-Fraktionsgeschäftsführer Tobias Schmidt für seinen Chef Michael Frieser. „Wir hätten sicher schon früher darauf kommen können, dass es uns nicht gefällt“, räumt er ein. Die CSU will die Notbremse ziehen – und nimmt in Kauf, ihrer Referentin in den Rücken zu fallen. Auch wenn Schmidt das von sich weist: „Der OB ist als Chef der Verwaltung gefordert. Er muss einen Entwurf vorlegen, wie das Raumkonzept in einem Entwurf umgesetzt werden kann, der auf das sensible Umfeld Rücksicht nimmt.“
Von wegen sensibles Umfeld. Maly verweist auf den Stilmix der umgebenden Großbauten, der so gar nichts mit der kleinteiligen Altstadt zu tun habe: die Ruine des Katharinenklosters (Mittelalter), die Nürnberger Akademie (Gründerzeit), die Norishalle (1950er Jahre), das Parkhaus (1960er Jahre), das CineCittà (1990er Jahre). „Hier dominiert die große Form“, sagt er. Da passe der mehrfach überarbeitete Kappler-Entwurf dazu.
Am Dienstag geht’s im Ausschuss weiter. Da soll die Bauverwaltung der CSU darlegen, ob weitere Verzögerungen die Zuschüsse gefährden. mir
- Themen:
- CSU
- Freie Wähler
- Michael Frieser
- SPD
- Ulrich Maly