Archäologen entdecken Steinzeit-Wassergöttin in Unterfranken

Ein 3.000 Jahre alter Sensationsfund aus Unterfranken ist am Mittwoch erstmals in München präsentiert worden.
von  Nina Job
„Hervorragender Erhaltungszustand“: Restaurator Clemens Köhler vom Landesamt für Denkmalpflege mit der Tonfigur.
„Hervorragender Erhaltungszustand“: Restaurator Clemens Köhler vom Landesamt für Denkmalpflege mit der Tonfigur. © Daniel Loeper

Sie ist aus Ton, innen teilweise hohl und hat links und rechts neben ihrem filigran gearbeiteten Gesicht kleine Löcher. Möglicherweise wollte der Schöpfer damit einen Kopfschmuck darstellen, eine Haube – vor kaum vorstellbaren 3.000 Jahren.

"Ich dachte zuerst, das ist ein Rinderknochen", sagt der Finder. Im bayerischen Landesamt für Denkmalpflege wird die 19 Zentimeter große Figur als Sensation gefeiert. Sie wird dort nun eingehend untersucht. "Diese Statuette ist ein kleiner Schatz. Wir nennen sie Wassergöttin", sagt Generalkonservator Mathias Pfeil.

Ähnliche Figuren bislang nur in Schwarzmeerregion gefunden

Er stellte die Figur gestern in der Säulenhalle der Alten Münze in München vor – zusammen mit Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) und Archäologen. Ähnliche Figuren sind bislang nur aus der westlichen Schwarzmeerregion bekannt, wo sie typisch sind für die dortige Kupferzeit im fünften Jahrtausend vor Christus.

Die rechte Kopie zeigt, wie die Figur früher aussah.
Die rechte Kopie zeigt, wie die Figur früher aussah. © Daniel Loeper

Gefunden wurde die archäologische Sensation im März 2021 in Mönchstockheim, einem Ortsteil von Sulzheim (2.036 Einwohner) im Landkreis Schweinfurt in Unterfranken. Dort soll eine Umgehungsstraße gebaut werden. In dem Bereich, in dem die Figur etwa 1,50 Meter unter der Erdoberfläche lag, ist ein Baulager vorgesehen. Doch vor dem Straßenbau wurde ein Archäologenteam beauftragt, den Boden zu untersuchen. Denn in der Nähe waren bereits Scherben aus der Hallstattzeit entdeckt worden.

"Ich dachte es ist ein Rinderknochen"

Archäologe Thomas Teufel von der beauftragten Firma BfAD-Heyse, war der Glückliche, der die Figur aus ihrer Tausende Jahre währenden Versenkung holte. "Ich bin mit dem Spaten draufgestoßen", erzählte er der AZ. "Zuerst dachte ich, das ist ein Rinderknochen. Aber als ich ihn umdrehte, hat sie mich angeschaut." In diesem Moment sei ihm sofort klargewesen, dass er etwas ganz Besonderes in den Händen hielt. "Das ist ein unfassbares Glück, dass einem bei Ausgrabungen so ein Riesending rausfällt. Sowas passiert einem nur ein Mal im Leben, wenn überhaupt."

Gelegen hatte die Keramikfigur am Ablauf einer uralten Rinne. Sie war wohl von den Menschen einer nahe gelegenen hallstattzeitlichen Siedlung zwischen dem 8. und 6. Jahrhundert vor Christus angelegt worden – um die Auen zu entwässern und Wasser entnehmen zu können. "In den Schichten darüber ist die Rinne verlandet", erläutert die zuständige archäologische Denkmalpflegerin Stefanie Berg vom Landesamt.Weitere Funde in diesen Schichten, wie ein Stempel, mit dem vermutlich Brotteig verziert wurde, geben Hinweise auf die zeitliche Einordnung.

Generalkonservator Pfeil hält für möglich, dass "die Menschen damals diese besondere landschaftliche Lage als heiligen Ort betrachteten und die kleine Statuette ihnen als rituelle Opfergabe diente". Oder ihr sogar magische Kräfte zuschrieben.Für die Landtagsabgeordnete Barabara Becker (CSU) aus Kissingen ist der Fund der Wassergöttin sehr symbolträchtig. Die Region sei zwar kein Hotspot in Bayern, "aber ein Hotspot des Klimawandels" wegen der großen Trockenheit.Minister Blume ist sich sicher, dass die Statuette einen Ehrenplatz bekommt. Wann und wo sie mal ausgestellt wird, steht aber noch lange nicht fest. Nun wird die kleine Göttin erst mal wissenschaftlich untersucht.

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