Arbeitsmarkt in Bayern schwächelt
Nach dem langen Jobaufschwung läuft es auf dem bayerischen Arbeitsmarkt nicht mehr ganz so rund. Im Juli fiel der übliche Anstieg ungewöhnlich stark aus – allerdings auf noch immer sehr niedrigem Niveau. Auf dem Ausbildungsmarkt schaut es gut aus.
Nürnberg – Der Arbeitsmarkt in Bayern schwächelt – und zwar stärker als sonst zu Beginn der Sommerpause üblich. Im Juli stieg die Zahl der Jobsucher im Freistaat um fast 4000 auf rund 235 200. Das ist mit 1,7 Prozent der höchste prozentuale Anstieg in einem Juli seit acht Jahren, wie die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit am Dienstag in Nürnberg mitteilte.
„Die Gesamtsituation stellt sich aber weiterhin positiv dar“, beruhigte Behördenchef Ralf Holtzwart. Denn die absolute Zahl der Jobsucher sei die niedrigste in einem Juli seit 1992, erläuterte der Chef der bayerischen Arbeitsagenturen. Zudem blieb die Arbeitslosenquote im Juli konstant bei 3,4 Prozent - Bayern liegt damit bundesweit deutlich an der Spitze. Allerdings schwächt sich die positive Entwicklung nach dem langen Job-Boom inzwischen kräftig ab.
Im Vergleich zum Vorjahresmonat ging die Zahl der Erwerbslosen nur noch um 0,2 Prozent zurück. Und auch die saisonbereinigte Zahl der Jobsucher zeigt, dass die Arbeitslosigkeit auch ohne die im Sommer wirksamen Faktoren um 2000 gestiegen wäre – üblicherweise geht diese Zahl im Juli zurück. „Natürlich leben auch wir nicht auf einer Insel der Seligen und können uns nicht komplett von der konjunkturellen Abkühlung der letzten Monate abkoppeln“, erläuterte Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) in München. Er betonte zugleich:
„Wir werden die Flaute der nächsten Monate überstehen.“ Für den Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt, ist hingegen noch nicht ausgemacht, ob der hiesige Arbeitsmarkt stabil bleibt oder ob bald ein Wendepunkt erreicht wird. „Die Zahl der offenen Stellen ist zurückgegangen, die Firmen agieren bei Neueinstellungen vorsichtiger als zuletzt“, berichtete Brossardt. Für die künftige Entwicklung seien die derzeit schwache Weltkonjunktur und die Staatsschuldenkrise in Europa maßgeblich. In Bayern legte mit einem Plus von rund 21 Prozent auf gut 23 700 die Jugendarbeitslosigkeit zuletzt bereits kräftig zu. Doch ein starker Anstieg ist im Juli normal, weil sich viele nach dem Ende ihrer Schul- oder Ausbildungszeit vorübergehend bei den Arbeitsagenturen melden.
Für angehende Azubis herrschen im Freistaat derzeit gute Zeiten: Es gibt 12 000 Ausbildungsplätze mehr als Bewerber. Allerdings kommen in Unterfranken auf 100 junge Menschen nur 97 Lehrstellen, während es in Niederbayern 129 sind. Der Landesjugendsekretär des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Mario Patuzzi, gab zum Lehrstellen-Überschuss zu bedenken, dass die reinen Zahlen wenig aussagen: „Das Entscheidende ist, welche Branchen das sind. In der Regel sind das Einzelhandel, Gaststätten- und Hotelgewerbe, weil dort die Ausbildungsbedingungen miserabel sind.“
Viele Überstunden, wenig Geld, schlechte berufliche Perspektiven - „wir haben zu viele unattraktive Ausbildungsplätze“. In Niederbayern ging – ebenso wie in Oberfranken – die Zahl der Jobsucher im Juli weiter leicht zurück. In den anderen Regierungsbezirken stieg die Arbeitslosigkeit hingegen an. In Mittel- und Unterfranken sowie in Oberbayern ist sie im Vorjahresvergleich sogar gestiegen.