Anschläge auf türkische Läden: 120 Spuren, Soko aufgestockt

Mehrfach wieder klirrten nachts Fensterscheiben, Steine flogen in türkische Geschäfte und es brannte. Vier Mal gab es in Waldkraiburg seit April derartige Anschläge. Die Ermittler stocken die Kräfte auf.
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Der Inhaber eines Döner-Imbiss fegt in seinem Geschäft in Walkraiburg Scherben zusammen. Foto: Matthias Balk/dpa/Archivbild
dpa Der Inhaber eines Döner-Imbiss fegt in seinem Geschäft in Walkraiburg Scherben zusammen. Foto: Matthias Balk/dpa/Archivbild

Waldkraiburg (dpa/lby) - Nach der möglicherweise extremistisch motivierten Anschlagsserie auf türkische Geschäfte in Waldkraiburg hat die Polizei ihre Sonderkommission auf 50 Mitarbeiter verdoppelt. Bisher gebe es mehr als 120 Spuren, denen mit Hochdruck nachgegangen werde, teilte die Polizei am Freitag mit.

Nach einem Zeugenhinweis sei eine Wohnung in Waldkraiburg durchsucht worden. Dies habe aber keine Erkenntnisse zur Aufklärung der Taten gebracht. Die Soko unter Leitung der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München war Ende April zunächst mit 25 Beamten gestartet.

Seit April gab es vier Anschläge. Steine flogen in Scheiben. Der Laden eines türkischen Gemüsehändlers ging in Flammen auf. Bei dieser schlimmsten Attacke in der Nacht zum 27. April wurden sechs Menschen verletzt. Die Polizei veröffentlichte nun ein Video vom Umfeld des Ladens aus der Tatnacht, das eine Person zeigt - es könnt sich laut Polizei um einen Tatverdächtigen oder um einen Zeugen handeln.

Bei einem Friseursalon, einer Gaststätte und einem Dönerladen jeweils türkischstämmiger Betreiber waren Scheiben eingeworfen und eine stinkende Flüssigkeit ausgeschüttet worden. Dass es sich dabei um Fäkalien gehandelt habe, lasse sich durch die bisherigen chemischen Untersuchungen nicht bestätigen, betonte die Polizei. An den Tatorten seien Farbeimer mit Resten der Substanz zurückgelassen worden. Kriminaltechnische Untersuchungen dazu seien noch im Gange.

Die Grünen im Landtag äußerten sich besorgt. "Der oder die Täter haben den Tod von Menschen bewusst in Kauf genommen. Das ist ein feiger Akt, der auf das friedliche Zusammenleben abzielt", sagte der Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus, Cemal Bozoglu. "Die Vorgänge scheinen in die derzeitige strategische Ausrichtung rechtsextremistischer Kreise zu passen: Minderheitengruppen einschüchtern, Angst verbreiten und Chaos stiften."

Die integrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Gülseren Demirel, sagte, die Polizei habe ihre Präsenz in der Stadt sichtbar erhöht und eine Ansprechperson für die Betroffenen benannt. "Die Bevölkerung ist weiter spürbar verunsichert und braucht jetzt neben dem polizeilichen Einsatz für mehr Sicherheit auch Unterstützung aus der Politik und der Gesellschaft."

Die Polizei spricht von "offensichtlich zusammenhängenden Taten". Die Zielrichtung sei aber nach wie vor unklar. Der oder die Täter seien unbekannt. Es werde in alle Richtungen ermittelt. Kein Tatmotiv könne ausgeschlossen werden, auch kein extremistisches.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte sich nach dem jüngsten Anschlag in der Nacht auf Mittwoch "fassungslos und tief erschüttert" geäußert. Er sieht durchaus ein Motiv: "Damit sollten abermals unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund verunsichert und verängstigt werden", sagte er am Mittwoch.

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