Angst vor leeren Sälen? Theater und Oper begegnen dem Finale
Wenn am Sonntag die deutsche Nationalelf im WM-Finale spielt, machen viele Kulturbetriebe dicht: Vom «Tod jedes Veranstalters» ist die Rede. Doch mit guter Planung können Theater und Konzertveranstalter alle Seiten zufriedenstellen.
München - Wer sich für Rossinis Oper "Guillaume Tell" interessiert, der hat für Fußball eh nicht viel über. Zumindest hofft das am Sonntag die Bayerische Staatsoper in MÜNCHEN. Denn wenn auf der Bühne der Freiheitschor singt, läuft zeitgleich in Brasilien die deutsche Nationalelf im WM-Finale auf den Platz - keine leichte Konkurrenz.
Viele Kulturveranstalter in Bayern stehen am Sonntag vor dem gleichen Problem. "Bei uns war es zu kurzfristig, um noch umzuplanen", erklärt Christoph Koch, Sprecher der Bayerischen Staatsoper. Und eine Leinwand auf der Bühne wäre wohl unpassend, meint er lachend. Angst vor zu wenig Gästen hat die Staatsoper trotzdem nicht. Und für die Mitarbeiter sei gesorgt: "In der Kantine steht ein Fernseher bereit. Wer nicht gerade im Einsatz auf der Bühne ist, kann dort schauen", erklärt Koch.
Auch das Staatstheater NÜRNBERG plant keine Änderungen: "Wir ändern unseren Spielplan nicht, nur weil Deutschland wieder mal im Finale steht", sagt Sprecherin Verena Kögler. "Wir haben keine 70 000 Plätze zu verkaufen, sondern maximal 2000, die kriegt man schon noch voll." Allerdings sei der Ticketverkauf "gefühlt" während der WM schon schwieriger.
Das kennen auch die Nürnberger Symphoniker. Sie richten sich deshalb sehr wohl nach der Weltmeisterschaft aus. "Wir haben seit Jahren bei EM und WM vom Viertelfinale an keine Veranstaltung mehr. Das nicht zu berücksichtigen, ist der Tod jedes Veranstalters", sagt eine Sprecherin.
Auch das Festspielhaus in FÜSSEN hat ähnlich entschieden. Ein für Sonntagabend angesetztes Konzert wurde kurzfristig auf September verschoben. "Wir hatten zuletzt während eines Deutschlandspiels eine Veranstaltung im Haus, bei der der Besucherstrom gering war. Deshalb haben wir beschlossen, das Konzert am Sonntag zu verlegen", erklärt eine Sprecherin.
Von vornherein auf Aufführungen verzichtet hat das Theater in AUGSBURG. "Wir hätten mit einer Woche oder 14 Tagen Vorlauf noch eine Vorstellung ansetzen können", sagt Theatersprecher Philipp Peters. Und auch in REGENSBURG wurde der Theaterbetrieb um die WM herum geplant. "Unser Intendant ist als großer Fußballfan davon ausgegangen, dass Deutschland im Endspiel steht", erklärt Pressesprecherin Clara Fischer. Deshalb wurde erst gar keine Aufführung für Sonntagabend angesetzt. Stattdessen zeigt das Theater im Theatercafé das Spiel für Mitarbeiter und Gäste auf einer Leinwand. Wer in großem Stil feiern möchte, fährt dagegen nach COBURG. Denn mit dem Anpfiff des WM-Finales in Brasilien endet dort das große Samba-Festival - dann beginnt die Übertragung des Spiels.
Gut geplant haben auch die Macher des Opernfestivals Gut Immling am CHIEMSEE. Dort können die Gäste nach den Aufführungen in eines der Zelte wechseln und das spannende Match verfolgen. "Vom dramatischen Geschehen auf der Bühne, wo auch vor Mord nicht zurückgeschreckt wird, zur spannungsgeladenen Atmosphäre im Stadion", werben die Festivalveranstalter.
In INGOLSTADT konnten die Organisatoren der Audi-Sommerkonzerte zwar nicht ahnen, dass Philipp Lahm und Co. ins Finale einziehen würden, legten aber ihr Konzert am Sonntag in weiser Voraussicht auf 18.30 Uhr. Audi-Kultursprecher Sebastian Wieser ist froh, dass sich die fußballfreundliche Planung auszahlt: "Wer hätte gedacht, dass Deutschland im Finale steht?" Nun hoffen alle, dass die Programmauswahl kein schlechtes Omen ist: Es wird Antonin Dvoraks "Totenmesse" aufgeführt.
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