Angst vor immer heftigeren Unwettern
AZ-Serie zum Klimawandel: Stürme richten jetzt schon immense Schäden in Wäldern und in Städten an – ein Biologe prophezeit schwere Katastrophen und Tropenkrankheiten für Franken.
NÜRNBERG Die Fichte prägt viele Wälder in Franken. Noch, meint der Bund Naturschutz (BN), angesichts der stetigen Erwärmung des Klimas. Die deutschlandweite Organisation hat sich zum Ziel gesetzt hat, die Schönheit und Vielfalt unserer Heimat zu bewahren. Um einen Patienten müssen sich die BNler jetzt schon intensiv kümmern: Es ist die Fichte. „Wir erleben das Absterben dieses Baumes“, so Konopka. „In den nächsten 30 Jahren ist die Fichte weg.“
Der ideale Standort für den Nadelbaum sind Berge ab 800 Höhenmetern. Doch da die Fichte schnell wächst, war sie der ideale Baum des kleinen Bauern, vor allem, da sie schnell Ertrag abwirft, auch in nicht optimalen Gebieten. „In den letzten Jahren haben ihr allerdings die zunehmend langen Trockenperioden zugesetzt“, so der Biologe.
Allein im Raum Ansbach sind 2500 Hektar Fichtenwald bereits abgestorben
Zusammen mit Hitzestrecken setzte das die Fichte unter so genannten „Trockenstress“. „Den erkennt man erst dann, wenn sie vom Borkenkäfer befallen ist“, erläutert Konopka. Gesunden, vitalen Fichten kann der Käfer nichts anhaben. Ist die Fichte aber geschwächt, kann sie nicht mehr genügend Harz bilden, um die Larven des Schädlings zu verkleben. „Die Bäume können sich nicht mehr wehren.“
Dazu kämen schlimmere Stürme als früher, die den Flachwurzler dann locker umwerfen können – die Schneisen, die Kyrill im Januar 2007 schlug, sind heute noch in vielen Wäldern zu sehen. „In Westmittelfranken bei Ansbach sind 2500 Hektar Fichtenwald bereits abgestorben“, im Fichtelgebirge und im Frankenwald betrachteten Naturschützer die Fichtenwälder ebenfalls mit großer Sorge.
Doch nicht nur die Waldbäume sind betroffen: „Auch die Bäume im Nürnberger Stadtgebiet stehen vermehrt unter Trockenstress. Ich möchte auch sagen, dass die Bäume, die im Archivpark in der Nürnberger Nordstadt gefällt wurden, indirekt Opfer des Klimawandels sind. Trockenheit und vermehrter Starkregen führte zu Staunässe – und die lässt den Pilz Hallimasch, der den Bäumen zusetzte, stärker wachsen.“
Die dritte große Sorge des Bund Naturschutz: einwandernde und sich ausbreitenden Arten wie die Zecke. „Die gab es zwar schon immer, allerdings nicht in dieser Verbreitung, sie hat sich auch noch nie so massenhaft vermehrt.“ Konopka weist nochmals auf die bekannten Gefahren hin: „Die Zecke überträgt gefährliche Borrelien-Bakterien, sowie die Frühsommer-Enzephalitis“, also Gehirnhautentzündung.
"Der Klimawandel wird uns richtig Geld kosten"
In diesen Tagen bekämpfen viele Städte einen weiteren Eindringling, der sich ohne klimatische Veränderungen so nicht hätte ausbreiten können: den Eichenprozessionsspinner, der hauptsächlich Eichen mit einem watteartigen Netz umhüllt. Die Raupen des Nachtfalters besitzen sehr feine Brennhaare, die bei empfindlichen Menschen eine gefährliche allergische Reaktion auslösen können. Die Haare sind so fein, dass sie mit dem Wind weit transportiert werden können. „Jetzt wird wieder Gift gegen die Raupen eingesetzt – Gift, das auch anderen Insekten schaden. Und letztendlich auch dem Menschen, wenn er damit in Kontakt kommt.“
Noch eine sehr ernst zunehmenden Gefahr geht von einer kleinen Mücke aus, die Konopka in den nächsten Jahren auch in unserem Raum sieht: „Die Malaria-Stechmücke. Sie wurde bereits im Rheingraben, also im Bereich Köln-Freiburg, gesehen. Wenn wir den Klimawandel nicht aufhalten, wird diese Mücke und die gefährliche Krankheit, die sie überträgt, auch bei uns heimisch werden.“
Dass „wir so richtig mittendrin im Klimawandel“ stecken, das sieht Konopka auch an den großen Unwettern: „Erinnern Sie sich an 2007, als in Baiersdorf die Überschwemmung nach dem Regen einen Schaden von 100 Million Euro angerichtet hat – der Wandel wird uns richtig Geld kosten.“
Allerdings sieht Konopka auch eine Bereicherung, da die Temperaturen in Mittelfranken steigen: „Der Ökologe nennt diese Tiere, die jetzt bei uns ansiedeln, Einnister – Tiere, die anderen keinen Lebensraum wegnehmen. Dazu gehört beispielsweise der Bienenfresser, ein Vogel, der sonst den mediterranen Raum bevorzugt. Er wurde im Kreis Roth gesichtet. Und auch das Taubenschwänchen – an diesem Insekt, das einem winzigen Kolibri ähnelt, erfreuen sich viele Gartenbesitzer.“ sw
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