Andreas Scheuer schimpft über Medien: "Steigbügelhalter der Bösartigkeit"

Ex-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer wird im Passauer Stadtrat bei einer Postenvergabe ausgebootet. Seine Reaktion ist beispiellos. Über einen Mann, der vielen Schuld zuweist.
von  Heidi Geyer
Andreas Scheuer legt sein Mandat im Stadtrat nieder.
Andreas Scheuer legt sein Mandat im Stadtrat nieder. © Christoph Soeder/dpa

München/Passau – "Es reicht!" Andreas Scheuer, ehemaliger Bundesverkehrsminister und CSU-Stadtrat in Passau, ist kein Mann, der für seine leisen Töne bekannt ist. In seinem Facebook-Post vom Dienstag hat der frühere CSU-Generalsekretär sehr deutlich Stellung bezogen.

Der Politiker, der zum 1. April sein Bundestagsmandat niedergelegt hatte, sollte am Montag im Passauer Stadtrat in den Rechnungsprüfungs- und Stiftungsausschuss gewählt werden. Hintergrund war gewesen, dass ein Stadtrat der CSU sich freiwillig zurückgezogen hatte und dadurch die Ausschüsse neu besetzt werden mussten.

Scheuer und das Maut-Debakel

Medial hatte der Vorgang im Vorfeld für Aufsehen gesorgt, denn Scheuer war verantwortlich für einen Millionenverlust bei der Pkw-Maut. Der Europäische Gerichtshof hatte das Vorgehen als europarechtswidrig beurteilt. Genau davor hatten viele Experten Scheuer schon im Vorfeld des Urteils explizit gewarnt. Sie sollten recht behalten. Da bereits Verträge abgeschlossen waren, wurden 243 Millionen Euro fällig – obwohl nie eine Maut kam.

Ist so jemand richtig als stellvertretender Vorsitzender in einer Funktion, die den Haushalt der Stadt Passau beaufsichtigen soll? Dazu kam es erst gar nicht. Am Montag scheiterte Scheuer bei der Wahl.

In einem Facebook-Post lässt Scheuer seiner Wut freien Lauf, spricht von einem "abgekarteten Spiel von einem Stadtrat der Grünen und einem fraktionslosen Neustadtrat".

Massive Kritik an den Medien

Seinen größten Ärger hat Scheuer jedoch den Medien gegenüber. Diese hätten sich für "ein zutiefst undemokratisches und unkollegiales Verhalten einspannen" lassen. Sogar die Namen der Redakteure von BR und "Passauer Neue Presse" nennt Scheuer in seinem Post, kritisiert unter anderem die "unsachliche" Vermischung von "Bundespolitik und Kommunalpolitik", diese sei "faktenfrei" dargestellt. Tatsächlich hatte der BR lediglich auf Kritik in Social Media an Scheuers möglichem neuen Posten verwiesen.

Dass Scheuer zu den Medien ein eher angespanntes Verhältnis hat und sich oft als deren Opfer sieht, sprach er auch bei seiner Aussage im Untersuchungsausschuss zur zweiten Stammstrecke im Landtag an. Scheuer schreibt, dass er mit Reaktionen auf seine Kritik an den Medien rechnet. Dennoch: "Ich werde kein Wort zurücknehmen."

Scheuer spricht von "Hass und Hetze"

Abschließend vermengt Scheuer einiges: "Wenn sich Medien wie in diesem Fall zum Steigbügelhalter der Bösartigkeit machen, dann spielt das in die Hände von Extremisten, von Demokratiefeinden." Wer Hass und Hetze provoziere, wer streitlüstern, spaltend und diabolisch auftrete, der schade. "Es vertreibt die, die sich ehrenamtlich und freiwillig für das Gemeinwohl und für unsere Demokratie einbringen."

Persona non grata in der CSU

In der CSU hält man sich zu Scheuers neuem Eklat bedeckt. Unter der Hand ärgern sich viele seit Jahren über ihn, machen ihn und das Maut-Debakel gar für Wahlschlappen verantwortlich. Sein plötzlicher Abschied aus dem Bundestag, für den kein Nachrücker kam, nehmen ihm einige Parteifreunde übel – und sind doch gleichzeitig froh über seinen Rückzug.

Zugleich hat die AZ von vielen Christsozialen und auch Mitgliedern anderer Parteien erfahren, dass "der Andi ein netter Kerl" sei, der auch viel geleistet habe. Mit seinem Facebook-Post scheint er aber bei vielen das Kraut ausgeschüttet zu haben, zumindest erfährt das die AZ in mehreren Gesprächen.

Offiziell sagen will aber niemand etwas. Der CSU-Vorsitzende in Niederbayern, Christian Bernreiter, ist derzeit an Corona erkrankt und äußerte sich nicht zu Scheuers Post. Eine Anfrage an CSU-Generalsekretär Martin Huber blieb bislang unbeantwortet. Seinen Posten im Stadtrat hat Scheuer niedergelegt. Damit dürfte seine politische Karriere vorerst ihr Ende gefunden haben.

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