Amok-Junge knackte den Waffentresor des Vaters

Memmingen - Nach dem Amok-Alarm im schwäbischen Memmingen ist der 14-jährige Schütze in eine Psychiatrie eingewiesen worden. Die Pistolen, mit denen der Achtklässler am Dienstag an einer Hauptschule und auf einem Sportplatz um sich geschossen hatte, stammen aus dem Arsenal des Vaters. Der Junge hatte einen Waffentresor im Haus der Familie geknackt, wie der Leitende Oberstaatsanwalt Johann Kreuzpointner am Mittwoch mitteilte.
Der bis dato unauffällige Schüler schweigt zur Tat. Sein Motiv ist weiter unklar, vermutlich war Liebeskummer der Auslöser. An der Schule wurde der Unterricht am Mittwoch wieder aufgenommen. Den Kindern und Jugendlichen standen Seelsorger zur Seite. Der Vorfall löste eine Diskussion um eine Verschärfung des Waffenrechts aus.
Der Staatsanwaltschaft Memmingen zufolge hatte der Vater die Waffen sicher in einem Tresorraum aufbewahrt. „Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Mann einen Fehler gemacht hat“, sagte Kreuzpointner. Gegen den 53 Jahre alten Sportschützen und legalen Waffenbesitzer werde nicht ermittelt. Dessen Sohn habe die elektronische Sicherung manipuliert und so die Tresortür geöffnet. Bei der Tat hatte er drei Pistolen dabei.
Am Mittwoch wurde der Schüler einem Haftrichter vorgeführt, der die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik anordnete. Nach Beratung mit seinem Anwalt machte er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Kreuzpointner zufolge werden dem 14-Jährigen Verstöße gegen das Waffengesetz, Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen.
Der Achtklässler hatte Dienstagmittag in der Memminger Lindenschule einen Schuss mit einer scharfen Waffe abgefeuert. Auf der Flucht verschanzte er sich auf einem Sportplatz. Dort schoss er mehrmals um sich. Ein Sondereinsatzkommando überwältigte ihn nach Stunden. Verletzt wurde niemand. Mehrere Polizeiautos wurden beschädigt.
„Sympathischer junger Mann“
Schulleiter Franz Schneider betonte am Mittwoch, der 14-Jährige sei zuvor nicht als gewalttätig aufgefallen. Er habe den Achtklässler als einen „sehr sympathischen jungen Mann“ wahrgenommen und ihn sehr geschätzt. Er sei auch nicht gemobbt worden.
Der Tat ging offenbar ein Beziehungsdrama voran. „Er hatte mit seiner 13-jährigen Freundin Streit und die Beziehung wurde beendet“, sagte ein Polizeisprecher. Über das Motiv des Jungen gibt es allerdings weiter keine gesicherten Erkenntnisse. Laut Polizei war er wegen seines labilen Zustands zunächst nicht vernehmungsfähig.
Die Mitschüler wurden am Mittwoch von Krisenhelfern psychologisch betreut. Beim Amok-Alarm am Vortag waren die 280 Schüler per Lautsprecher aufgefordert worden, die Klassenzimmer nicht zu verlassen. Die Räume wurden abgesperrt. Der Notfallplan habe „sehr, sehr gut funktioniert“, sagte Schulleiter Schneider.
Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle lobte, die hochgefährliche Situation sei von Lehrern und Schülern professionell gemeistert worden. Der CSU-Politiker sagte, der 14-Jährige sei mit seiner Tat massiv in den „geschützten Raum Schule“ eingedrungen. Er sprach von einem „Anschlag auf die Seelen“ der Kinder.
Grüne wollen zentrale Waffenlagerung
Die Grünen forderten, Waffen und Munition von Mitgliedern eines Schützenvereins zentral in den Vereinsräumen zu verschließen. Parteichefin Claudia Roth sagte: „Die tödlichen Knarren müssen endlich raus aus den Privatwohnungen.“
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte dagegen, ein solches zentrales Waffenlager berge eine zu große Gefahr für Überfälle von Terroristen. Auch der Deutsche Schützenbund äußerte sich skeptisch. Schärfere Regelungen brächten nichts, denn in Ausnahmefällen nütze auch die beste Sicherung nichts, argumentierte Vizepräsident Jürgen Kolheim.