Ambrust-Mord: Das wilde Leben des Todesschützen

Weilheim - Blutrot hat sich der Schnee zu seinen Füßen verfärbt. Fröstelnd steht Georg G. auf dem Einödhof nahe Weilheim. Tatortbegehung am Montagmorgen. Mit stockender Stimme berichtet der 31-Jährige, wie er am Vortag seinen Freund Daniel M. (32) getötet hat. „Stark im Leben ohne Uniform und Waffen“, steht auf einem mit Holzbrettern vernagelten Fenster neben der Eingangstür des Bauernhauses. An der Einfahrt zum Hof liegt ein grinsender Buddha-Kopf im Schnee.
Schorsch, wie ihn seine Freunde im Dorf nennen, gilt als Sonderling. „Der kann keiner Fliege was zu leide tun“, dachten viele. Bis sie gestern erfuhren, dass der 31-Jährige am Sonntagnachmittag nach einer wilden Goa-Trance-Party auf seinem Hof einen Freund aus nächster Nähe mit einer Armbrust erschossen hat (AZ berichtete).
„Der Schorsch lief bei Schnee in Birkenstocksandalen im Rock herum“, erzählt eine Verkäuferin in der Dorfbäckerei. Ein harmloser Spinner, der oft monatelang von der Bildfläche verschwand. Mutterseelenallein lebte Georg G. auf einem Einödhof am Ortsrand.
Früher gehörte das Gehöft seinem Vater, einem Künstler. Nach dessen Tod übernahm der Sohn den Hof. Statt für Viehzucht und Ackerbau interessierte sich der Junior mehr für Drogen, Partys und Trance-Musik. Der Hof verfiel. Heuwender und andere landwirtschaftliche Maschinen sind inzwischen verrostet. Autowracks gammeln vor sich hin.
Mit Gelegenheitsjobs hält sich Georg G. über Wasser. Manchmal jobbt er bei einem befreundeten Gartenbauer. Jedes Mal, wenn ihm das Geld auszugehen droht, verscherbelte er ein paar der Skulpturen seines Vaters. Immer wieder wird Georg G. mit Drogen erwischt – mal ist es LSD, mal Marihuana. „Er ist seit Jahren als Drogenkonsument bekannt“, bestätigt Polizeisprecher Andreas Guske.
Berüchtigt sind aber vor allem die ausschweifenden Goa-Partys, die Georg G. regelmäßig im ehemaligen Kuhstall schmeißt. Die Lautsprecher wummern – oft nächtelang. Die Nachbarn beschweren sich regelmäßig wegen des Radaus. Auch am letzten Samstag steigt wieder eine Party. Rund 100 junge Leute kommen, viele sehen aus wie Hippies. Sie tanzen sich in Extase. Es wird eine Menge Alkohol getrunken. Angeblich machen auch Drogen die Runde. Ob auch Georg G. auf dem Trip ist, wird das Ergebnis eines Drogentests zeigen.
Zur Party kommt auch Daniel M. und dessen Freundin (24). Der Augsburger hat früher vorübergehend auf dem Hof gewohnt. Der 32-Jährige ist als Drogenkonsument ebenfalls polizeibekannt.
Am Sonntagnachmittag – die Party ist vorbei, die Gäste sind gegangen – kommt es zum Streit zwischen Georg G. und seinem Freund. Worum es geht, ist noch unklar. Georg G. holt aus einem Nebengebäude eine Armbrust. Aus nächster Nähe zielt er auf seinen Freund und drückt ab. Der Bolzen fährt Daniel M. mitten in die Brust. Blutend bricht er vor der Scheune zusammen. Seine Freundin will ihn retten, leistet Erste Hilfe. Per Handy verständigt sie den Notarzt.
Doch für Daniel M. kommt jede Hilfe zu spät. Er verblutet im frisch gefallenen Schnee. Georg G. versucht in Panik zu fliehen. Doch er kommt nicht weit. Auf einer Wiese, ganz in der Nähe des Einödhofs wird er von einem Polizisten und seinem Diensthund gestellt. Widerstandslos lässt sich der 31-Jährige festnehmen. Noch in der Nacht legt er ein Geständnis ab.
Am Montagmorgen bringen ihn Beamte der Kripo Weilheim noch einmal zum Tatort. Georg G. zeigt den Polizisten, wie es zu dem Todesschuss kam. Anschließend wird er dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Der erlässt am Nachmittag Haftbefehl wegen Mordes. Georg G. sitzt in U-Haft. Ihm droht lebenslange Haft.