Amberger Altstadt: Kirche zu verschenken - Stadtpfarrer Thomas Helm stellt Bedingung

Amberg - Gotik in Reinkultur. Stünde der Sakralbau in einer kleinen Kreisstadt auf dem Land, er wäre wohl der Stolz der Gläubigen dort. Diese Frauenkirche steht jedoch mitten in der Amberger Altstadt. Das ist ihr Schicksal.
Stadtpfarrer Thomas Helm schwärmt von "der ausgezeichneten Akustik". Kaum hat er das gesagt, wird es mucksmäuschenstill in der Frauenkirche hinter dem Landgericht. Nur ein gutturales Gurren von hoch droben.
Genau das kann Helm am wenigsten brauchen. Tauben im Dachstuhlgebälk sind Gift für die Bausubstanz. Und von unten setzt ausblühender Salpeter dem Sandstein-Mauerwerk zu. Außen wie innen.
Es hat etwas von einem Schlossherrn, als der Pfarrer von St. Martin einen für heutige Verhältnisse großen Schlüssel aus der Manteltasche zieht, um die Frauenkirche aufzusperren. Schwere Türe, altes Gemäuer, leicht muffige Luft. Eineinhalb Jahre ist es her, dass Helm die Nachfolge des im April 2017 gestorbenen Stadtpfarrers Franz Meiler angetreten hat. Das berufsbedingt weltliche Erbe hat er inzwischen gesichtet und geordnet: der Dauersanierungsfall Basilika St. Martin, die Schulkirche aus dem Rokoko mit der Funtsch-Orgel, Pfarramt und Pfarrhaus, verwalterische Verantwortung für die Mariahilfbergkirche. Und eben die Frauenkirche.
Ihre letzte kontinuierliche Nutzung als Gemeindekirche geht in die 50er Jahre zurück. Katholische ungarische Exilanten hatten dort für ihre Gottes-dienste Unterschlupf gefunden. Diese Gemeinde gibt es nicht mehr.
Ebenso wie eine Frauenkongregation, deren einer alten Mitgift-Truhe ähnelnder voluminöser Opferstock noch neben dem Eingang steht. Den bis obenhin voller Euro-Noten könnte Helm sehr gut gebrauchen. Dann hätte vielleicht sogar die Frauenkirche eine Überlebenschance in seiner Verantwortung.
Der Strom wurde mittlerweile abgestellt
Der Stadtpfarrer ist jedoch kein Träumer und möchte den Sakralbau abtreten. Im Bewusstsein der Pfarrgemeinde spiele dieses Gotteshaus praktisch keine Rolle mehr, nennt er als einen Grund. Zuletzt wurde der marode Kirchenbau nur noch einmal im Jahr für einen kurzen Moment genutzt. An Palmsonntag als Startpunkt der Prozession. Dafür musste die Kirche gereinigt werden. Dieser Aufwand stehe nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis zum liturgischen Nutzen.
Inzwischen hat Helm auch den Strom abstellen lassen, um die latente Gefahr eines Kurzschlusses zu bannen.
Der Stadtpfarrer sagt: "Fakt ist, das Geld ist nicht da"
elm mag die Kirche durchaus. Aber er kann sich die Frauenkirche schlichtweg nicht leisten: "Fakt ist, das Geld ist nicht da." Das sei seinem Vorgänger keinen Deut anders gegangen. "Ich bin nicht der Erste, der sich darüber Gedanken macht." Profanierte Sakralbauten sind für Amberg, das von einer ungewöhnlich hohen Kirchendichte geprägt ist, nichts Undenkbares. Das Stadttheater war einmal eine Kirche, die heute evangelische Paulanerkirche wurde phasenweise als Lagerhalle genutzt. Diese beiden Fälle gehen jedoch auf die Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts zurück.
Die jüngste Profanierung datiert auf 2016. Die Spitalkirche als Kapelle der Bürgerspitalstiftung verlor damals ihren sakralen Status. Heute gehört sie der Stadt. Eine öffentliche Nutzung steht im Raum. Welche genau, das wird sich noch zeigen. Helm geht es mit der Frauenkirche, die er verschenken oder für den berühmten symbolischen Euro gerne auch verkaufen würde, nicht anders.
Das sind die Bedingungen für die Übergabe der Kirche
Abgeben würde er den Sakralbau aber nur in gute Hände. Darunter versteht er alles andere als den Abriss. Also eine Sanierung mit einem Millionenaufwand im sicherlich zweistelligen Bereich. Doch solche Summen fließen nur für öffentliche Bauten oder Projekte, die sich rekapitalisieren müssen. Eine naheliegende Assoziation geht mithin in Richtung Konzertsaal – wegen der guten Akustik.