Am Tegernsee beginnt das Aufräumen

Noch steht vieles an den Ufern des Tegernsees unter Wasser. Die Anwohner greifen trotzdem zu Besen und Schaufel
von  Ralph Hub
Auch hier kann noch kein Schiff anlegen.
Auch hier kann noch kein Schiff anlegen. © Ralph Hub

 Noch steht am Tegernsee vieles unter Wasser, aber die Anwohner greifen schon zu den Besen

Tegernsee - Gummistiefel möglichst hoch, eine Pumpe möglichst stark und ein Besen möglichst kräftig – das sind die drei wichtigsten Accessoires am Tegernsee.

Die Flut ist auf dem Rückzug, das große Aufräumen hat begonnen. Fingerdick sprudelt ein Wasserstrahl vor Margret’s Kramer Ladl zwischen den Pflastersteinen hervor. Es sieht aus, als sei eine Leitung geplatzt. „Tatsächlich ist es Grundwasser, das an die Oberfläche drückt“, erklärt Hugo P. – gegenüber liegt sein Antiquitätenladen.

Die Sandsäcke vor der Tür sind durchgeweicht, wie so ziemlich alles im Uferbereich von Rottach-Egern. Johannes M. schiebt mit einem Besen die letzten Wasserreste aus dem Laden seiner Mutter. „Bei uns laufen seit 48 Stunden ununterbrochen die Pumpen, deshalb hat es uns nicht ganz so schlimm erwischt.“

"Wir haben es noch nicht überstanden"

Ein paar Meter weiter dümpeln beim Bootsverleih noch die Ruderboote mitten auf der Straße. Und auch die Confiserie von Maximilian H. steht noch voller Wasser. Seit elf Jahren verkauft er Torten und Kuchen direkt am See. Zwei Mal ist er seit 2003 mit seiner Confiserie abgesoffen. „Wir haben es noch nicht überstanden“, unkt er, „vom Wallberg drückt noch Wasser nach“.

Die sündteuren See-Villen bis rüber nach Weißach stehen fast alle im Wasser. Einige direkt am Ufer sind mit dem Schlauchboot zu erreichen. Die Feuerwehr ist ständig im Einsatz. Die Helfer müssten an hundert Stellen gleichzeitig sein. „Da bleibt nur Zeit für eine Wurstsemmel und ein Spezi zwischendurch“, erzählt einer von der Freiwilligen Feuerwehr Rottach.

Manche Hausbesitzer stehen vor den Trümmern ihrer Existenz. „Ich war mitten in der Renovierung“, erzählt einer aus Tegernsee. Er hat Tränen in den Augen: „Jetzt kann ich wieder von vorne anfangen.“ 1954, in seiner Kindheit, stand das Wasser sogar noch einen Meter höher. Momentan reicht ihm die braune Brühe im Keller bis zur Brust. Die Heizung ist im Eimer, die Elektronik Schrott. Der Schaden lässt sich derzeit nicht einmal grob abschätzen.

Auch das Kloster ist nicht verschont geblieben

Auch die Seesauna steht unter Wasser. Die komplette Technik ist nass geworden. „Was davon zu retten ist“, so Betriebsleiterin Daniela Russ, „wissen wir erst in ein paar Tagen“. Die Sauna bleibt bis zum 13. Juni geschlossen. Die Ortsdurchfahrt von St. Quirin und Tegernsee ist noch immer überflutet.

Im Tegernseer Rathaus hat man seit gestern zumindest wieder Strom. Die Gemeinde hat angefangen, Treibgut zu entsorgen. Mit Hochdruckreinigern sind die Mitarbeiter unterwegs. Selbst das altehrwürdige Tegernseer Kloster ist nicht verschont geblieben. Im kleinen Bräustüberl sind die Toiletten abgesoffen.

Die Seenschifffahrt ist lahmgelegt. Drüben am Westufer in Bad Wiessee steht die Promenade noch knietief unter Wasser. Auch die Fischzucht am Söllbach ist überschwemmt. Die Forellen aus dem See schaffen es momentan mühelos bis vor die Haustür.

 

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