Alt, krank, hilflos: Fehlen bald die Pfleger?
Die ambulante Versorgung für 10.000 Nürnberger ist in Gefahr – bei den Wohlfahrtsverbänden herrscht große Geldnot.
NÜRNBERG Sie sind krank, alt, jung, hilflos, arm und reich. Sie sind 10.000 Menschen in Nürnberg. Und sie haben eines gemeinsam: Sie brauchen daheim einen ambulanten Pfleger, der ihnen den Verband wechselt, bei der Körperpflege hilft oder die Insulinspritze gibt. Doch vielleicht kommt der Pfleger bald nicht mehr.
Den ambulanten Pflegediensten geht das Geld aus. Seit 2004 wurden die Zahlungen der Krankenkassen an die Freien Wohlfahrtsverbände wie etwa Diakonie, AWO, Caritas oder Rotes Kreuz nicht mehr erhöht.
Deswegen ist Christa Wild (44), Pflegedienstleiterin der Zentralen Diakonie Station Altdorf, mit dabei beim Protest von rund 50 Pflegediensten auf dem Sebalder Platz: „Seit 2004 sind die Kosten extrem gestiegen: Die Energiekosten, die Personalkosten, die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die Inflation“, zählt sie auf. Und da die Wohlfahrtsverbände so nicht mehr kostendeckend arbeiten können, müsse man am Personal sparen – das schon jetzt nicht besonders gut entlohnt wird. Eine Teilzeitkraft in der Pflege kriege netto rund 600 bis 650 Euro, so Wild.
Förther: „Diese Erhöhung um 1,11 Prozent ist ein Witz“
Das gehe zu Lasten der Patienten. Wenn für immer mehr Patienten immer weniger Pfleger zur Verfügung stehen, haben die Pfleger dadurch immer weniger Zeit pro Patient.
Wild hat ein Zahlenbeispiel parat: Das fachmännische Wechseln eines Verbandes dauert im Schnitt rund 20 Minuten. „Dafür bekommen wir von den Kassen 4,42 Euro.“
Deswegen fordern die Verbände der Freien Wohlfahrt jetzt mehr Geld von der Arbeitsgemeinschaft der Kranken- und Pflegekassenverbände: zunächst 2,5 Prozent. Doch die Kassen wollen nur 1,11 Prozent mehr zahlen.
„Diese Erhöhung um 1,11 Prozent ist ein Witz“, stellte sich der Nürnberger Bürgermeister Horst Förther (SPD) hinter den ambulanten Pflegedienst. Ihm, OB Ulrich Maly und dem gesamten Stadtrat wurden gestern Offene Briefe der Verbände überreicht. Sie fordern darin die Politik zum Eingreifen auf.
Wenn das ausbleibe und die Gebühren für die Pflegedienste nicht erhöht werden, hätte das gravierende Folgen: Anstatt zu Hause versorgt zu werden, würden immer mehr Menschen ins Krankenhaus eingewiesen – was wiederum eine Kostensteigerung bei den Kliniken zur Folge hätte. mm
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