Alpentourismus und Corona: "Es steht viel auf dem Spiel"
München - Mitunter neidvoll haben die bayerischen Gastronomen in den vergangenen Monaten auf ihre Kollegen in Österreich geblickt. Dort war trotz anhaltender Corona-Pandemie schon wieder vieles möglich, was im angrenzenden Bayern verboten war oder ist, etwa das Nutzen von Wellnessbereichen und das Angebot von Buffets.
Dennoch leidet die Fremdenverkehrswirtschaft in der Alpenrepublik und in Südtirol massiv unter dem Corona-Jahr 2020, behauptet jetzt eine Studie der gemeinnützigen österreichischen Tourismusorganisation "Vitalpin".
In den vier österreichischen Alpen-Bundesländern Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Kärnten ist das Bruttoregionalprodukt im Übernachtungstourismus im ersten Halbjahr um 32,1 Prozent zurückgegangen, obwohl im Januar und Februar das Geschäft mit den Skitouristen noch gut lief.
Vitalpin-Obmann Parth: So schwierig wird der Winter
In Südtirol, berichtete der Präsident der Handelskammer Bozen, Michl Ebner, habe sich die Zahl der Übernachtungen im ersten Halbjahr 2020 nahezu halbiert. Mit einer Mischung aus Hoffnung und Pessimismus sieht die alpenländische Fremdenverkehrswirtschaft jetzt der Wintersaison entgegen.
Der Winter werde "schwierig" werden, so Vitalpin-Obmann Hannes Parth: "Die Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft sind gefordert, politische Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Angst vor dem Reisen nehmen und den Gästen den gewohnten Qualitätsurlaub mit hohen Sicherheitsstandards ermöglichen."
In den Alpenregionen würden wirtschaftlich gesehen die Lichter ausgehen, wenn es bei den Zahlen vom ersten Halbjahr 2020 bleibt, legt eine Studie von Stefan Haigner von der "Gesellschaft für angewandte Wirtschaftsforschung" (Innsbruck) nahe.
Tourismus in Österreichisch: Der Wirtschaft fehlen Alternativen
Ein Drittel weniger Umsatz in der Fremdenverkehrswirtschaft würden in den vier Alpen-Bundesländern Österreichs 7,2 Milliarden Umsatz und 68.400 Jobs quer durch alle Branchen kosten. Für die nahe Zukunft stehe "extrem viel auf dem Spiel", sagte Vitalpin-Geschäftsführerin Theresa Haid. "Wegen des Fehlens von alternativen Schlüsselindustrien sind wir stark von einem funktionierenden Tourismus abhängig."
An den deutschen Gästen kann es eigentlich nicht liegen, wenn man Umfragen der Forschungsanstalt Urlaub und Reisen (FUR) glaubt, die unmittelbar vor der Urlaubswelle stattfanden. Danach wollten sieben Prozent der Deutschen, die einen Urlaub geplant hatten, diesen in Österreich verbringen. Das liegt über dem Schnitt von rund vier Prozent in normalen Jahren.
Deutschland ist der wichtigste Auslandsmarkt für die österreichische Fremdenverkehrswirtschaft. Im Sommer 2019 gingen 37 Prozent aller Übernachtungen in der Alpenrepublik auf das Konto deutscher Gäste.
Bayern: Leere Betten, lange Schlangen - und Dackelmasken

Gähnende Leere an Bayerns beliebtesten Orten und Sehenswürdigkeiten? Nein. Deutlich weniger ist aber schon los.
- Durch Schloss Neuschwanstein spazieren pro Tag während der Hochsaison 6.000 Menschen. In Zeiten von Corona sind es noch 1.080 pro Tag, wie die Bayerische Schlösserverwaltung mitteilte.
- Die mittelalterliche Kleinstadt Rothenburg ob der Tauber verzeichnet 1,9 Millionen Besucher im Jahr - normalerweise. Immerhin: Bei den Übernachtungszahlen geht man von 70 Prozent der Vorjahreswerte aus, so ein Stadtsprecher.
- Gewinner der Krise? Das Dackelmuseum in Passau verzeichnet nach eigenen Angaben mehr Besucher als vor Corona. Vielleicht liegt es an den Masken, die es im zugehörigen Shop zu kaufen gibt: selbstredend mit Dackeln drauf.
- "Ernüchternd" fällt hingegen Bilanz der Stadt München aus Sicht des Wirtschaftsreferats fürs erste Halbjahr aus. Die Zahl der Übernachtungen ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 56 Prozent eingebrochen.
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