Alpen: Der goldene Oktober in den Bergen sorgt für überfüllte Hütten

München - Dass es eng wird in den Alpen, ist keine neue Erkenntnis. Aber so eng wie in den zurückliegenden Tagen des goldenen Oktobers war es in den bayerischen Voralpen wohl noch nie.
Rekordstaus auf den Wegen von München in die nächst erreichbaren Berge und zurück prägten die Wochenenden ebenso wie drangvolle Enge auf den Hütten. Und vereinzelt verloren auch Erholungswütige und Hüttenwirte die Nerven.
Ins Gerede gekommen ist in dieser Situation auch die Institution des altehrwürdigen alpinen Hüttenwirts. Darunter stellt sich der naive Erstwanderer einen gemütlichen Herren gesetzten Alters vor, der die müden Wanderer freundlich mit einem Schnapserl und einer deftigen Brotzeit empfängt.
Den mag es vielleicht noch geben, aber wohl nicht mehr allzu oft. Denn im 100-Kilometer-Radius rund um München entwickeln sich die verniedlichend als "Hütten" bezeichneten Gastronomiebetriebe auf den Bergen zu Massenverköstigungsanstalten – nicht selten mit osteuropäischem Personal und missgelaunten Chefs.
Eine Bewertung lautet: "Die Kommunikation ist unter aller Sau"
Egal ob Chiemgau, Tegernseer Berge oder Mangfallgebirge: Wer es durch die Staus bis zum Wanderparkplatz geschafft hatte, hatte Probleme, seinen fahrbaren Untersatz abzustellen. Und wer an den Wochenenden keine Brotzeit in den Rucksack packte und sich auf die Hüttengastronomie verließ, war oft verlassen. Das Klima zwischen durstigen, hungrigen Wanderern und den Wirtsleuten wurde mancherorts recht unfreundlich, wie wütende Bewertungen auf den entsprechenden Internet-Seiten zeigen.
Lange Wartezeiten, hohe Preise, geschmackloses Essen und unfreundliche Bedienung bescheren so manchem Berggastronomen ganz miese Noten. 8,90 Euro für eine schwer genießbare Linsensuppe erinnerten einen Wanderer an das Preis-, aber nicht Qualitätsniveau der gehobenen Münchner Gastronomie.
"Das Personal war nicht gerade motiviert", gehörte noch zu den zurückhaltenden Bewertungen. "Nehmt euch lieber selber was zu essen und zu trinken mit", riet ein anderer Bergfreund. Die Kommunikation sei "unter aller Sau" gewesen, ärgerte sich ein Bergwanderer über die Tonart hoch oben, wo es angeblich keine Sünde gibt. Wer es wagt, wegen langer Wartezeiten eine Flasche mit selbst mitgebrachter Flüssigkeit zum Munde zu führen, um den größten Durst zu löschen, muss sich mitunter auf einiges gefasst machen.
"Wir wären fast rausgeflogen", berichtete eine unbotmäßige Hüttenbesucherin aus den Tegernseer Bergen.
Dass bei Hüttenwirten auch wegen so mancher Provokationen vonseiten verwöhnter Gäste im Stress des Massenbetriebs die Nerven blankliegen und sie ihren altbayerischen Grant nicht im Griff haben, ist verständlich, aber offenbar nicht unausweichlich.
Bei einigen Häusern hoch oben am Berg werden freundliches Personal und gutes Essen durchweg gelobt, obwohl auch diese am Wochenende geradezu gestürmt werden.
Bergsteiger-Legende Reinhold Messner glaubt, dass es die Städter, die am Wochenende die nahen Berge stürmen, im Grunde gar nicht anders wollen. Denen seien Lärm, Hektik und Stress schon so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie es auch über 1000 Metern gar nicht anders wollten.