"Alle haben mitangepackt, keiner hat aufgegeben": Pullman City macht wieder auf

Eging am See - Der 21. Januar ist für Pullman City im Landkreis Passau ein Schicksalstag gewesen. Feuer, Rauch, Ruß. Etwa ein Drittel der "Main Street" im Freizeitpark für Cowboy-Fans wurde zerstört. Nur rund drei Monate später feiert man an diesem Wochenende in Eging am See offizielle Wiedereröffnung. Wie geht das? Die AZ hat mit Marco Lebschi (40) gesprochen, er kennt Pullman City seit dem ersten Tag und ist der Sprecher der Westernstadt.

AZ: Herr Lebschi, Sie bezeichnen sich selbst als "Pullman Kind" - wie ist das zu verstehen?
Marco Lebschi: Ich bin aus demselben Ort und kenne Pullman City seit dem ersten Tag. Ich war 1997 bei der Eröffnung der Westernstadt schon draußen - damals war ich 13 Jahre alt. Früher war ich mit Freunden dort, jetzt auch mit der Familie.
Was haben Sie als Erstes gedacht, als Sie am 21. Januar gehört haben: Pullman steht in Flammen?
Ich habe es irgendwie gespürt: Ich lag morgens im Bett, die Sirene ging, dann wenige Minuten später nochmal - und alle Feuerwehren der Region fuhren in die gleiche Richtung. Dann klingelte schon das Handy und die Kollegin sagte: Ganz Pullman brennt. So war der erste Eindruck des riesigen Feuers. Ich habe es dann von meinem Schlafzimmer aus schon rauchen sehen. Um 6.07 Uhr ging die Sirene, um kurz nach halb sieben war ich selbst vor Ort.
Wie schlimm war der erste Anblick vom Brand in der sogenannten Main Street?
Zunächst war es einfach ein riesengroßes Feuer, sehr viel Rauch, viele Feuerwehr-Einsatzkräfte, Rettungsdienst, Polizei und viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es war schrecklich. Man verbindet ja etwas mit diesen Gebäuden. Erinnerungen an schöne Abende zum Beispiel. Anfang Dezember hatte ich noch eine Weihnachtsfeier im Steak House. Dort, wo wir damals gesessen sind, war nur noch verkohlter Rohbestand übrig.

Die bayerische Politik ist nach dem Brand sehr schnell nach Eging am See gereist. Hat Sie das überrascht?
Am Sonntag hat es gebrannt, am Donnerstag war die bayerische Politik vor Ort. Markus Söder, Michaela Kaniber, Christian Bernreiter. Uns hat es tatsächlich überrascht, welche Kreise das gezogen hat. Schon am Montag sind die Lokalpolitiker parteiübergreifend durchs Tor marschiert. Sie haben uns versichert: Sie versuchen, uns zu helfen, wo es geht. Auch Michaela Kaniber - sie ist für das Ressort Tourismus zuständig - hat sofort erkannt, dass Pullman City mit mehr als einer halben Million Besucher im Jahr keine Dorfbude ist. Was Bürokratie und schnelle Wege angeht, hat das geholfen, was Herr Söder versprochen hat. Denn das ist das Entscheidende: Wir haben nicht die Zeit, ein Jahr lang zu warten, bis irgendwelche Genehmigungen bearbeitet werden. Es muss schnell gehen.
Warum war eine schnelle Wiedereröffnung so wichtig? Warum sich nicht mehr Zeit geben?
Das hätte keinen Sinn ergeben. Erstens verliert man Mitarbeiter in dieser Zeit. Auch Reichweite und Bekanntheit hätte man vielleicht eingebüßt, denn wenn man weg ist, ist man weg. Aus den Augen, aus dem Sinn - das wollten wir nicht.
Pullman City öffnet wieder: "Alle haben mitangepackt, keiner hat aufgegeben"
Wie ist es überhaupt so schnell gelungen, die Eröffnung nun an diesem Samstag steigen zu lassen - nach zwei ersten Probe-Wochenenden?
Wir brauchten letztlich einen Ersatz für die Gastronomie-Betriebe, damit wir die Gäste versorgen können. Vom Feuer betroffen waren in der Main Street vier Lokale, ein Verwaltungsgebäude, das Sheriffs Office, ein kleines Café und eine Bar. Wir hatten also nur noch eine von fünf Küchen, in denen ist nicht einmal ein Glas übrig geblieben. Dafür mussten wir Ersatz besorgen. Es gab auch keine Heizung, keinen Strom auf dem ganzen Gelände - das waren zusammengefasst die Herausforderungen. Alle haben mitangepackt, keiner hat aufgegeben. Der Rückhalt war riesig - von Mitarbeitern, Handwerksbetrieben und einigen Freiwilligen. So haben wir es geschafft, zwei Gastronomie-Betriebe in dieser Größenordnung einzurichten.

Wie schauen diese aus?
Einerseits hat man die Reithalle abgebaut und dort eine Eventhalle für 600 Personen errichtet. Später soll diese wieder als Reithalle dienen. Wir haben auch einen Saloon-Ersatz in einer größeren Holzhütte für 400 Personen geschaffen. Worauf man heuer leider verzichten muss: den Blick auf die Main Street.
Pullman City: "Man kann dort definitiv eine gute Zeit haben"
Es sind vorerst Interimsbauten. Wie lange wird der richtige Aufbau dauern?
Wenn wir nächstes Jahr um diese Zeit nochmal sprechen, könnten wir fertig sein. Wir haben zunächst schnell die Genehmigungen für die Interimsbauten bekommen, die Entscheider haben klar für Pullman gestimmt. Auf der anderen Seite geht es nun darum, den ganzen Wiederaufbau zu planen, die Pläne einzureichen und genehmigen zu lassen.
Es gibt viele Pullman-Besucher, die immer wieder dorthin fahren. Werden die erst einmal enttäuscht sein von den Zwischenlösungen?
Man kann dort definitiv eine gute Zeit haben. Das eine ist eine Art Almhütte, die zu unserem Stil und zu unserem Feeling passt. Auch in der Reithalle ist es angenehm. Natürlich ist es anders, aber ich denke nicht, dass es so viel schlechter ist, wenn man die Umstände und die kurze Zeit betrachtet.
Wie fielen die Rückmeldungen nach dem Probe-Betrieb aus?
Wir bekommen jede Menge Kommentare. Hauptsächlich ist es Rückhalt, weil die Menschen vor der kurzen Zeit Respekt haben, in der das alles auf die Beine gestellt wurde. Enttäuscht war niemand.
Bekommt man als Besucher von der Brand- und Baustelle noch etwas mit?
Die Besucher sehen die Bauarbeiten nicht wirklich, weil dort ein zweieinhalb bis drei Meter hoher Holzzaun steht. Natürlich ragen Gerüste und die Kräne drüber hinaus, aber die stören eher weniger. Gearbeitet wird auf der Baustelle nur von montags bis freitags, oder wenn keine Gäste da sind.
Brandursache in Pullman City unklar: "Für uns ist das abgehakt"
Weiß man schon mehr zur Brandursache?
Nein. Das LKA ermittelt noch. Relativ schnell war klar, dass es keine Brandstiftung gewesen ist. Anfangs haben wir über die Ursache nachgedacht, aber es bringt nichts, zurückzuschauen, wir müssen nach vorne blicken. Für uns ist das abgehakt. Wir wollen wieder aufsperren und die Saison bestreiten.
Der Schaden ging in die Millionen. Ist man für so einen Fall ausreichend versichert?
Ja, und die Allianz hat beste Arbeit geleistet, am 16. Februar haben wir uns auf eine Regulierung geeinigt - innerhalb von dreieinhalb Wochen! Wer schon mal einen Versicherungsschaden hatte, weiß, wie lange das sonst manchmal dauern kann (lacht).
Was wird unternommen, damit so etwas nicht nochmal passiert? Wird besonders auf den Brandschutz geachtet?
Definitiv. Beim Thema Brandschutz war auch vorher alles abgenommen und passte. Aber wir wollen noch eins drauflegen und noch mehr tun, was gefordert ist. Wir wollen auf Nummer Hochsicher gehen.
Worauf freuen Sie sich persönlich bei der offiziellen Eröffnung am meisten?
Wenn die Türen aufgehen, die Menschen bei den Shows sitzen, applaudieren und sich freuen, dass sie einen schönen Tag haben.