Alarmierende Zahlen: Immer weniger Kinder können schwimmen

Wie wichtig solide Schwimmkenntnisse sind, hat das vergangene Wochenende gezeigt: An den ersten richtig heißen Sommertagen sind im Freistaat gleich fünf Menschen in Flüssen und Seen ums Leben gekommen.
Sie werden nicht die letzten bleiben, wie die traurige Erfahrung zeigt. Im vergangenen Jahr starben in Bayern 89 Menschen bei Badeunfällen – eine im langjährigen Durchschnitt sogar eher niedrige Zahl.
Experten schlagen Alarm
Experten sehen einen Hauptgrund für die regelmäßigen Todesnachrichten in der sinkenden Schwimmfähigkeit von Kindern. So zeigt eine Studie der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) aus dem Jahr 2017, dass nur noch 40 Prozent der Kinder am Ende der Grundschule sicher schwimmen können. Als sicherer Schwimmer gilt, wer das Jugendschwimmabzeichen Bronze, also den Freischwimmer, hat, für das man 200 Meter am Stück schwimmen können muss. Beim Abzeichen "Seepferdchen" sind es nur 25 Meter.
Ein Drittel aller Schwimmbäder in Bayern sind sanierungsbedürftig
DLRG und Wasserwacht in Bayern nennen mehrere Gründe für den Rückgang der Schwimmfähigkeit. Zum Beispiel Bäderschließungen. Nach dem Bauboom der 70er Jahre geht die Zahl der Schwimmbäder inzwischen beständig zurück. Im vergangenen Jahr gab es nach Angaben des Bauministeriums noch rund 860 Frei- und Hallenbäder in kommunaler Hand. "Etwa ein Drittel davon ist stark sanierungsbedürftig und über kurz oder lang von der Schließung betroffen", sagt Madita Lang, stellvertretende Vorsitzende der bayerischen Wasserwacht.
Freistaat will Millionen in Freibad-Sanierung stecken
Eine gute Nachricht gibt es. Der Freistaat will die Kommunen bei der Sanierung maroder Freibäder unterstützen. 120 Millionen Euro stehen dafür in den kommenden sechs Jahren zur Verfügung. "Die Schwimmfähigkeit unserer Kinder ist uns besonders wichtig", sagt Bauminister Hans Reichhart (CSU).
Problem ausfallender Unterricht
Wenn kein Schwimmbad erreichbar ist oder die Fahrtzeit unverhältnismäßig lang wäre, fällt der eigentlich im Lehrplan der Schulen vorgesehene Schwimmunterricht häufig aus. Manche Schulen verfügen auch nicht über genügend Lehrer mit der Berechtigung, Schwimmen zu unterrichten, beklagt der Bayerische Sportlehrerverband. Planschen statt schwimmen lautet die Devise.
Planschen im Rutschenparadies steht hoch im Kurs
Auch der Trend zu Spaßbädern hat negative Auswirkungen auf die Schwimmfähigkeit. "Früher gab es im Hallenbad nur ein 25-Meter-Becken, da ist man zwangsläufig geschwommen, denn es war auch zwei Meter tief", sagt Lang von der Wasserwacht.In den Spaßbädern hingegen geht es stattdessen um Attraktionen wie spektakuläre Rutschen. Auch zu Badeseen gehen viele Menschen inzwischen zum Planschen und Abkühlen, aber nicht zum Schwimmen.
Ein weiteres Problem ist das nachlassende Engagement der Eltern: "Die Eltern sind zunehmend überfordert, die Kinder zum Schwimmunterricht zu bringen – durch berufliche Anforderungen und einen immer höheren Anteil Alleinerziehender", sagt Michael Förster von der DLRG. Zumal es mit einem Kurs alleine nicht getan ist – das Schwimmen muss auch danach regelmäßig geübt werden.
Kinder, Senioren und Flüchtlinge ertrinken am häufigsten
Durch den Zuzug aus Ländern, in denen Schwimmenlernen unüblich ist, steigt der Anteil der Nichtschwimmer. Dies betrifft nicht nur Flüchtlinge. Auch in Osteuropa ist die Schwimmerquote laut DLRG problematisch niedrig. Hinzu kommen kulturelle Unterschiede, die sich beispielsweise im Schwimmunterricht für muslimische Mädchen niederschlagen. Flüchtlinge waren in den vergangenen drei Jahren überdurchschnittlich häufig unter den Opfern. Daneben sind eben auch Kinder und Senioren eher gefährdet.
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