AfD holte in Straubing 19 Prozent: Bürger benennen die Gründe

19,3 Prozent haben in Straubing im Oktober bei der Landtagswahl die AfD gewählt. Wie es ist, in einer Kleinstadt gegen Rechts auf die Straße zu gehen.
von  Natascha Probst
Stefan M. und Barbara M. gehen nicht oft demonstrieren. "Aber die Zeit war jetzt reif", sagt Barbara M. Die Demo sei aber nur der Anfang.
Stefan M. und Barbara M. gehen nicht oft demonstrieren. "Aber die Zeit war jetzt reif", sagt Barbara M. Die Demo sei aber nur der Anfang. © Natascha Probst

Straubing - Dreimal mehr als gedacht sind gekommen. 1.000 Menschen haben die Veranstalter der Demonstration gegen Rechtsextremismus am Samstagnachmittag auf dem Straubinger Ludwigsplatz angemeldet: Am Ende zählt die Polizei 3.000. Von der Bühne vor dem Stadtturm stehen die Menschen bis zum nicht ganz 100 Meter entfernten Kaffeestand - der an diesem Tag einen ordentlichen Umsatz gemacht haben muss.

Dass eine Großstadt wie München viele Menschen gegen Rechts auf die Straße bringt, ist fast zu erwarten. 7,1 Prozent wählten hier bei der Landtagswahl im Oktober die AfD. Ganz anders sah es da in Niederbayern aus: Die AfD erreichte 17,9 Prozent der Gesamtstimmen. In der Stadt Straubing kam die Partei sogar auf 19,2 Prozent.

Letztes Wochenende waren sie schon in Regensburg

Dorothee O. und Andreas S. haben auch ihre Kinder mit auf den Ludwigsplatz gebracht - der jüngste Nachwuchs schläft in der Babytrage. Dass es schwieriger sei, hier gegen Rechts auf die Straße zu gehen als in der Großstadt, glauben sie nicht. Die Niederbayern hätten jedoch an den Protesten nicht ganz so Interesse wie etwa die Münchner, meint Dorothee O. Einige hier seien doch etwas konservativer.

Dorothee O. und Andreas S. mit ihren Kindern gerade auf Demonstrationstour - am vergangenen Wochenende waren sie in Regensburg.
Dorothee O. und Andreas S. mit ihren Kindern gerade auf Demonstrationstour - am vergangenen Wochenende waren sie in Regensburg. © Natascha Probst

Die Familie, die im Umkreis von Straubing lebt, hat am vergangenen Wochenende schon im etwa 40 Kilometer entfernten Regensburg demonstriert. Diesen Samstag sind die fünf nun aber absichtlich nach Straubing gekommen, obwohl auch in Regensburg wieder eine Demonstration gewesen wäre. Sie hatten damit gerechnet, dass in Straubing nicht ganz so viel los sein würde – und wollten hier unterstützen.

"AfD - ohje"

"Die Demokratie muss beschützt werden", sagt Dorothee O. mit ihrem Plakat in den Händen: "Lieber Norovirus als AfD". "Ja, da ist das Norovirus das kleinere Übel", kommentiert eine Frau, die daneben steht.

"Wir bleiben bunt", "Die Erde ist für alle da", "AfD - ohje", heißt es auf anderen Plakaten. "In unserem Geschichtsbuch ist kein Platz für Wiederholungen."

"Es geht um die Frage der Demokratie", sagt der Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr (CSU) währenddessen auf der Bühne. In dieser Frage bleibe er nicht neutral. Wo die Gesellschaft stehe, werde heute auch in Straubing beantwortet.

In Niederbayern sei es schwieriger zu demonstrieren

Einen etwas anderen Blick auf Niederbayern hat Anja Bade-Kahlenberg. Die gebürtige Berlinerin lebte schon in München und Landshut, aber auch in Frauenau im Bayerischen Wald - und nun in Bogen. Sie geht nicht oft demonstrieren, aber jetzt sei es an der Zeit. Geht es nach ihr, ist es in Niederbayern sehr wohl schwieriger ein Zeichen gegen Rechts zu setzen als in Großstädten. „Mei, sie schau o“, hieße es dann sehr schnell von anderen Leuten. Oft pochten Menschen in ihrer Umgebung auf ein gefährliches Halbwissen. Manche seien etwas träger darin, sich zu informieren. Und dabei könnten doch alle lesen und schreiben, sagt sie.

Mit der Zahl an Menschen, die heute zur Veranstaltung gekommen ist, ist sie jedoch zufrieden. Sie hätte sich zwar noch mehr gewünscht, "aber immerhin".

3000 Menschen sind am Samstag nach Straubing gekommen. Eine von ihnen ist Anja Bade-Kahlenberg.
3000 Menschen sind am Samstag nach Straubing gekommen. Eine von ihnen ist Anja Bade-Kahlenberg. © Natascha Probst

"Leit hoit's z'samm, sonst dauert's nimma recht lang" - mittlerweile sitzt der niederbayerische Musiker Hans-Jürgen Buchner, Gründer der Band Haindling, der im Landkreis Straubing-Bogen lebt, auf der Bühne am Klavier. Auch er ist nach Straubing gekommen, im Kampf gegen Rechts. "Auf oamoi duad's a g'scheitn Scheberer, und dann kracht ois z'samm."

Demo für Straubing eine "relativ große Gschicht

Für Straubing sei das schon eine "relativ große Gschicht", sagen Stefan und Barbara M. über die Demo. Sie gehen eigentlich nie demonstrieren. "Aber die Zeit war jetzt reif", sagt Barbara M. Die 19,2 Prozent, die in Straubing AfD gewählt hätten, seien "ja nicht ohne". Und auch in der persönlichen Umgebung nehme das "rechte Gequatsche" immer mehr zu, die rechte Sprache werde immer normaler. Wenn bei den Bauerndemos mit Galgen herumgefahren werde, sei das nicht mehr lustig. "Das Maß ist voll."

Wie sie sich den relativ großen Erfolg der AfD gerade in Niederbayern erklären? Traditionell sei man hier widerständiger, meint Barbara M. Und: Niederbayern hätten eben öfter einfach das Gefühl, abgehängt zu sein.

Die Demonstration soll nur der Anfang sein

"Die Demo ist aber jetzt nur der Anfang", sagt Barbara M. Jetzt müsse das dann in die Tat umgesetzt werden. Indem man die Probleme löse und den Rechten keinen Anlass mehr gebe, noch mehr Stimmen zu gewinnen. Und indem man mit der AfD rede, meint Stefan M., ihnen die Konsequenzen ihrer Forderungen zeige.

Eine Woche nach München bekennt damit auch Straubing sich gegen Rechts. Natürlich mit weniger Beteiligten, aber mit nicht weniger Willensstärke. Im Gegenteil: „Vielleicht“, sagt Dorothee O., „ist es hier tatsächlich noch wichtiger, auf die Straße zu gehen.“

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