Ärzte verweigern Hausbesuche in Pflegeheimen

Die Wohlfahrtsverbände in Bayern schlagen Alarm. Denn manche Haus- und Fachärzte kommen seit Einführung des Gesundheitsfonds nicht mehr in die Pflegeheime. Das würde sich nicht rechnen, so ihr Argument. Der ärztliche Rat: stattdessen einen Krankenwagen rufen.
von  Abendzeitung
BRK-Präsidentin Christa Prinzessin von Thurn und Taxis ist zuversichtlich, was den Schuldenabbau angeht.
BRK-Präsidentin Christa Prinzessin von Thurn und Taxis ist zuversichtlich, was den Schuldenabbau angeht. © dpa

MÜNCHEN - Die Wohlfahrtsverbände in Bayern schlagen Alarm. Denn manche Haus- und Fachärzte kommen seit Einführung des Gesundheitsfonds nicht mehr in die Pflegeheime. Das würde sich nicht rechnen, so ihr Argument. Der ärztliche Rat: stattdessen einen Krankenwagen rufen.

Bei einer Blitzumfrage in den 760 Pflegeheimen (insgesamt 62 000 Betten) der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAGFW) ergab sich ein erschreckendes Bild. Schon in 21 von insgesamt 71 Landkreisen in Bayern kam es zur Verweigerung von Hausbesuchen bei Kassenpatienten im Heim. Von vier Fällen weiß das BRK, bei der AWO gingen innerhalb von drei Tagen zehn „Hilferufe“ aus ihren Einrichtungen ein.

„Wir warnen vor einem Flächenbrand“, so die BRK-Präsidentin und LAGFW-Vorsitzende Christa Prinzessin von Thurn und Taxis. „Die Ärzte nehmen die Heimbewohner quasi in Geiselhaft.“ Denn seit dem 1. Januar gilt der Gesundheitsfonds mit neuen Honorarregeln. Über diese trägt die Kassenärztliche Vereinigung mit den Kassen immer noch einen Streit aus.

Wachkoma-Patient sollte in die Praxis kommen

Auf dem Rücken von Patienten und gerade der alten Menschen, befürchten die Wohlfahrtsverbände. „Aber wir fühlen uns verantwortlich für unsere Bewohner“, meint der AWO-Vorsitzende Thomas Beyer. Und für die sei die Situation enorm belastend. Denn nur für einen Katheter-Wechsel oder eine Infusion per Sanka ins Krankenhaus oder in eine Praxis fahren zu müssen, „das kann es doch nicht sein“, sagt Christa Prinzession von Thurn und Taxis. „Das ist auch wirtschaftlich höchst unsinnig. Das verursacht zusätzliche Kosten im Gesundheitssystem.

„Bei konkreten Hinweisen, dass Ärzte notwendige Besuche im Heim verweigern, werden wir das prüfen“, erwidert Axel Munte, Vorstands-Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung, auf die Vorwürfe. „Gegebenenfalls gehen wir dann gegen die betreffenden Ärzte disziplinarisch vor.“ Noch habe er aber von keinem schlimmen Fall gehört. Wohl auch nicht von dem einem Arzt, der eine Heimleitung aufgefordert hatte, einen alten Mann zu ihm zur Behandlung in die Praxis zu bringen. Der Patient liegt allerdings im Wachkoma und hängt an einem Beatmungsgerät. Barbara Brießmann

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