Ältere Menschen wegen Coronavirus im Fokus

München (dpa/lby) - Bei der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in Bayern richtet sich der Fokus zunehmend auf ältere Menschen. Auch wenn derzeit in Bayern der Großteil der nachgewiesen infizierten Menschen mittleren Alters sind, sind sich Experten einig, dass insbesondere für ältere Menschen mit Vorerkrankungen ein Risiko besteht. Die Gesundheitsministerin rät zu speziellen Impfungen, die Sozialministerin will Verbände zu einem Treffen zusammentrommeln. Unterdessen ist die Zahl der nachgewiesenen Infektionen weiter gestiegen.
Die Risikogruppe der alleinlebenden Senioren werde bislang stark vernachlässigt, monierte der Landesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt in Bayern, Thomas Beyer. "Sie dürfen in dieser Situation nicht vergessen werden, sind sie es doch, die bei einer Ansteckung am meisten gefährdet sind." Vom bayerischen Sozialministerium forderte er "Impulse und Initiative".
Dieses reagierte prompt. Ministerin Carolina Trautner will zeitnah Wohlfahrtsverbände und kommunale Spitzenverbände zu einem offenen Austausch einladen. Wann und wo, blieb erst einmal unklar. Die CSU-Politikerin betonte, sie nehme die Sorgen und Ängste insbesondere der älteren Menschen sehr ernst.
Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) betonte, es sei sehr wichtig, dass ältere Menschen gut über die Gefahren des neuartigen Coronavirus informiert seien. "Denn dem Robert Koch-Institut zufolge steigt das Risiko einer schweren Erkrankung insbesondere ab 50 bis 60 Jahren stetig mit dem Alter an." Ihr Ministerium habe deshalb ein spezielles Merkblatt mit Empfehlungen für Alten- und Pflegeheime erstellt. Darin stünden unter anderem Hinweise, um sowohl die Bewohner als auch das Personal und die Besucher von Alten- und Pflegeheimen vor Atemwegserkrankungen zu schützen.
Huml empfahl älteren Menschen zudem zwei Impfungen: Eine gegen die Grippe, eine weitere gegen Pneumokokken. Das bietet zwar keinen direkten Schutz vor der Erkrankung Covid-19, die das Virus mit dem Namen Sars-CoV-2 auslösen kann. Ist aber jemand schon an der Lunge erkrankt, wäre für ihn eine Ansteckung besonders gefährlich.
Das Landratsamt Ostallgäu verfügte am Mittwoch, dass Besucher Alten- und Pflegeheime, aber auch Krankenhäuser, ohne weiteres nicht mehr betreten dürfen. "Wir wissen, dass dies für viele Patienten und Heimbewohner eine einschneidende Maßnahme ist, können aber keine andere Entscheidung treffen", sagte Landrätin Maria Rita Zinnecker (CSU). Ausnahmen gebe es etwa für medizinische Besuche oder solche von Handwerkern oder Angehörigen im Notfall.
Ältere Menschen könne man schützen, indem etwa Kinder für eine Zeit nicht bei Oma und Opa zur Betreuung kämen, sagte der Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, Christian Drosten, Anfang der Woche. Man sollte stattdessen für Oma und Opa einkaufen, damit die nicht in den Supermarkt müssten.
Der bayerische Landesverband der Caritas empfahl Angehörigen von Senioren in ihren Pflegeheimen, die in den vergangenen zwei Wochen in einem Risikogebiet waren oder Kontakt zu einem Verdachtsfall hatten, der Einrichtung fernzubleiben und von einem Besuch abzusehen. Sprecher Tobias Utters betonte: "Derzeit gilt: Weniger ist mehr, denn gerade in den Alten- und Pflegeheimen befindet sich die besonders vulnerable Zielgruppe."
In Einrichtungen der Awo in Oberbayern gebe es keine offizielle Empfehlung für Angehörige, es gebe in allen Häusern Hygienevorschriften für die Besucher, erklärte eine Sprecherin. Je nach Situation könnten aber einzelne Wohnbereiche isoliert werden. Die Sprecherin wies darauf hin, dass alte Menschen sehr unter Besuchsverboten litten.
Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit teilte am Mittwoch unterdessen mit, dass sich weitere 52 Menschen nachweislich mit dem neuartigen Coronavirus infizierten. Damit stieg die Zahl der Fälle auf mindestens 366 im Freistaat. Darin eingerechnet sind die ersten 14 Infizierten, die allesamt mit dem Autozulieferer Webasto aus Gauting-Stockdorf in der Nähe Münchens in Zusammenhang standen, als auskuriert gelten und wieder aus den Krankenhäusern entlassen wurden. Mit eingerechnet sind zudem drei Bayern, die außerhalb des Freistaats positiv getestet wurden.