Achtung, Baustelle: Zahlreiche Bahnstrecken zum Ferienstart in Bayern gesperrt

München - Kochel am See ist immer einen Ausflug wert. Viele Münchner wandern an schönen Tagen auf den Herzogstand, der quasi ihr Hausberg ist. Kulturhungrige lockt das Franz Marc Museum, Badefans neben dem Kochel- auch der glasklare Walchensee. Die Gegend um den Kochelsee punktet nicht zuletzt mit ihrer von München aus guten Erreichbarkeit – und das auch ohne Auto.
Doch nicht in diesem Sommer: Denn die Bahnstrecke zwischen Tutzing und Kochel am See ist seit mehreren Wochen gesperrt – die DB erneuert die Oberleitung. Ausflügler müssen sich deshalb auf zusätzliche Reisestrapazen einrichten.
Deutsche Bahn: Viele Baustellen, viele Zugausfälle
Zwar ist ab Tutzing eine Busverbindung als Schienenersatzverkehr (SEV) eingerichtet. Doch statt weniger als eine Stunde und zehn Minuten mit dem Direktzug aus München, muss der Bahnkunde je nach Verbindung gut eine halbe Stunde oder sogar 40 Minuten mehr Fahrzeit einrechnen. "Die Fahrt wird durch das Umsteigen deutlich unattraktiver", sagt Norbert Moy vom Fahrgastverband Pro Bahn der AZ.
Und nicht nur die Strecke nach Kochel ist gesperrt: Aus Auflistungen der Deutschen Bahn sowie Pro Bahn, die der Abendzeitung vorliegen, geht klar hervor, dass eine Vielzahl an Bahnstrecken in besonders bei Ausflüglern beliebten Reise- und Ausflugszielen im Voralpenland und den Bergen derzeit gesperrt sind. Abfragen bei "bahn.de" zeigen, dass extrem viele Züge ausfallen.
Ab Mitte August: Starnberger See nicht mehr mit der Bahn erreichbar
Bus statt Bahn heißt es bereits seit Mitte Juni etwa zwischen Murnau und dem durch die Passionsspiele weltbekannten Touristenhotspot Oberammergau. Zwar soll diese Sperre voraussichtlich in einigen Tagen aufgehoben werden - doch dann kommt es für Fahrgäste ins Werdenfelser Land noch dicker: Denn von Ende Juli bis mindestens Mitte August ist die Strecke in Richtung Garmisch zwischen Weilheim und Murnau von einer Gleissanierung betroffen – Ausflügler müssen entsprechend mehr Zeit für den SEV einplanen.
Ab dem 21. August wird dann laut DB-Buchungssystem der Starnberger See nur noch mit dem Bus erreichbar sein – Pro Bahn zufolge ist die Strecke zwischen Pasing und Starnberg bis zum 5. September gesperrt.
"Muss alles in den Sommer gelegt werden?": Viele Baustellen zum Ferienstart
Ende August soll dann auch die Bahnverbindung zwischen Murnau und Garmisch wieder für eineinhalb Wochen gesperrt sein. Von Ende August an ist zudem die bei Touristen und Bergsteigern besonders beliebte Strecke von Garmisch nach Pfronten-Steinach komplett wegen Gleisarbeiten gesperrt. Ebenfalls nur Schienenersatzverkehr ist laut DB noch bis Anfang Dezember zwischen Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald angesagt.
Bei manchen der Streckensperrungen fragt sich der Fahrgastlobbyist Moy: "Muss das alles unbedingt in den Sommer gelegt werden?" Es sei eine "Riesenkatastrophe, dass ausgerechnet in der Hauptausflugzeit so viele touristisch interessante Bahnlinien wegfallen".
Marodes Netz: Bahn sieht keine Alternative zu den Sanierungen
Tatsächlich haben sich viele Menschen ein 49-Euro-Ticket angeschafft. Doch wenn sie in vollgestopften Bussen in der Blechlawine in Richtung Bergen sitzen, könnte so mancher geneigt sein, nächstes Mal lieber wieder im eigenen Vehikel anzurollen, wo wenigstens die Klimaanlage sicher funktioniert.
Moy sieht die vielen notwendigen Sanierungen "als Folge des jahrelangen extremen Sparkurses bei der Bahn". Das Netz sei in Teilen "marode". Und noch immer werde im Vergleich zu Ländern wie Österreich zu wenig Geld in die Hand genommen – es fehlten schlicht die Ressourcen für eine zügige Umsetzung von Bauarbeiten. Ein DB-Sprecher sagt auf AZ-Anfrage: "Wir wissen um die Einschränkungen für die Bahnkunden." Und weiter: "Wir arbeiten mit unserem mehrjährigen Investitionsprogramm für die Strecken im Werdenfels intensiv daran, dass sich die Qualität und Stabilität im Zugverkehr verbessert." In der Summe investiere man über 100 Millionen Euro bis 2025.
Auch in München hakt's: S-Bahn wegen Stammstrecken-Bau teils gesperrt
Doch bis dahin heißt es viel umsteigen auf Busse. Und das nicht nur in den Alpen – denn auch auf anderen bayerischen Bahnlinien sind im Sommer diverse Strecken gesperrt. Die Strecke von Tutzing nach Kochel soll übrigens ab dem 4. August laut Bahn in einem Teilstück wieder befahrbar sein. Weil der Ausflügler jedoch ab Penzberg noch immer den Bus nehmen muss, muss er bis Mitte September weiterhin eine halbe Stunde Extra-Fahrzeit einplanen.
Auch bei der S-Bahn wird es während der Sommerferien ungemütlich: Von Freitag, 11. August (22.30 Uhr) bis Montag, 21. August 2023 (4.40 Uhr) fahren durchgehend keine S-Bahnen zwischen Ostbahnhof und Pasing. In dieser Zeit wird an der Zweiten Stammstrecke gebaut.
Probleme auf der Strecke München - Nürnberg
Auch auf der Regionalzug-Strecke zwischen München und Nürnberg gibt es Probleme – und das bereits seit Wochen. Erleichterungen sind auch während der Sommerferien nicht so schnell in Sicht.