Abschiebestopp nach Afghanistan abgelehnt

Bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit von Abschiebungen nach Afghanistan gehen die Meinungen im bayerischen Landtag weit auseinander. Die Befürworter verweisen auf seriöse Entscheidungen des Bundes, die Kritiker auf inhumane Exempel.
München - Trotz der unsicheren Sicherheitslage steht die CSU im bayerischen Landtag mehrheitlich hinter den umstrittenen Abschiebungen von Flüchtlingen nach Afghanistan. Mit ihrer absoluten Mehrheit stimmten die Abgeordneten am Mittwoch in München gegen einen Antrag der Freien Wählern, der unter anderem eine dreimonatige Aussetzung der Abschiebungen oder gar einen generellen Abschiebestopp nach Afghanistan zum Ziel hatte. Über ähnlich lautende Anträge der Grünen und der SPD wurde aufgrund des zuvor festgelegten Sitzungsendes um 19.00 Uhr nicht mehr abgestimmt, beziehungsweise das Ergebnis wurde nicht mehr ausgezählt. Dies soll bei der nächsten Landtagssitzung am 9. März nachgeholt werden.
Sache des Bundes
"Die Bewertung der Sicherheitslage in Afghanistan ist Sache des Bundes", sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Es obliege den Bundesländern zudem nicht, sich über die "vorbildlichen Asylverfahren" der deutschen Behörden hinwegzusetzen. "Wir haben in Deutschland eine so intensive rechtsstaatliche Prüfung von Anträgen wie in nur ganz wenigen anderen Ländern überhaupt."
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) genieße weltweit den Ruf, "die kompetenteste und seriöseste Behörde überhaupt zu sein", betonte Herrmann. Generell werde jeder Einzelfall der Anträge unter humanitären Gründen geprüft. Aktuell lebten in Bayern rund 1600 abschiebepflichtige Afghanen.
Abschiebungen rechtlich fraglich
"Es ist unsere Pflicht aus humanitären und christlichen Gründen, nicht Menschen in Lebensgefahr und Tod zu schicken, nur um die Abschiebestatistik künstlich nach oben zu schrauben", sagte hingegen die bayerische SPD-Landtagsabgeordnete Alexandra Hiersemann. Afghanistan sei im gesamten Staatsgebiet von dem innerstaatlichen Konflikt betroffen. Statt eines humanitären Zeichens gehe es der CSU aber nur darum, ein Exempel zu statuieren.
Barbara Stamm äußert sich kritisch
Ähnlich äußerten sich die Freien Wähler: Zwar seien die Abschiebungen politisch möglich, sie blieben aber dennoch rechtlich fraglich, sagte Hans Jürgen Fahn. Wie die anderen Oppositionsfraktionen forderte auch er die Innenminister der Länder zu einer generellen Neubewertung der Sicherheitslage auf. "Bei einem so wichtigen Thema darf man das Augenmaß nicht verlieren."
Aus der CSU äußerte sich einzig Landtagspräsidentin Barbara Stamm kritisch zu den Abschiebungen: "Ich bin auch der Meinung, dass, was Afghanistan angeht, auch noch mal überlegt werden muss." Auch sie sei persönlich der Meinung, dass derzeit niemand ernsthaft sagen kann, wohin genau dort sicher abgeschoben werden könne.
250 Menschen protestieren gegen Abschiebungen
Zeitgleich zur Debatte im Landtag protestierten am Abend knapp 250 Menschen im Münchner Flughafen gegen die Abschiebung von 18 Afghanen. Zu der Protestaktion gegen die auch bundesweit umstrittene Sammelabschiebung hatte der Bayerische Flüchtlingsrat aufgerufen. Die abgelehnten Asylbewerber wurden noch am Abend in die afghanische Hauptstadt Kabul geflogen werden.
Es ist bereits die dritte Sammelabschiebung seit Ende vergangenen Jahres. Die Aktionen sind umstritten. Nicht nur die Opposition im Bundestag sowie Flüchtlingsorganisationen übten scharfe Kritik an der vom Bund geführten Abschiebung. Aus ihrer Sicht ist Afghanistan alles andere als ein sicheres Land. Daher lehnen auch mehrere Bundesländer eine Beteiligung an der Aktion ab.