Abendschule für Keller-Kicker

NÜRNBERG - Heftige Kritik der Fans beim Pflichtbesuch der Mitglieder- versammlung. Andreas Wolf, Kapitän im Krankenstand: „Jeder muss sich A... aufreißen!“ Heute geht's ins Trainingslager nach Bad Gögging.
Spießruten- statt Schaulaufen! Für die Club-Profis war der Pflichtbesuch bei der Mitgliederversammlung im Saal „Brüssel“ im Messezentrum am Dienstagabend keineswegs die reine Freude, vielmehr bekamen Raphael Schäfer & Co. heftig die Leviten gelesen (AZ berichtete). „Ich finde den regen Gedankenaustausch in Ordnung, die Kritik ist berechtigt, jeder Spieler kann für sich das Richtige herausfiltern“, befand Trainer Michael Oenning.
"Wir werden uns nach oben arbeiten"
Der Absturz des Bundesliga-Absteigers in den Zweitliga-Keller war trotz ellenlanger und kontroverser Diskussionen um Ex-Trainer Hans Meyer das zentrale Thema der Versammlung. „Haben die Spieler auch Verträge für die Dritte Liga“, flüchtete sich Ewald Hassler aus Unternesselbach angesichts von Tabellenplatz 14 in Ironie, während Klaus Singer Klartext sprach: „Ihr seid im Abstiegskampf, begreift das endlich.“
Zumindest der lädierte Kapitän Andreas Wolf (Kreuzbandriss) hat’s kapiert – und versprach Besserung. „Es war gut mitzukriegen, was die Mitglieder denken. Wir werden uns Schritt für Schritt nach oben arbeiten. Für mich war die Veranstaltung eine Riesen-Motivation, wenn ich könnte, würde ich morgen wieder auf den Platz auflaufen.“ Kann er aber noch länger nicht. Deshalb seine dringende Empfehlung an die Kollegen: „Ein lehrreicher Abend. Wenn sich jeder seine Gedanken macht, sind wir einen Schritt weiter.“
Raphael Schäfer zeigte Größe
Insbesondere der formschwache einstige Publikumsliebling Javier Pinola ist gefordert. „Hast du keinen Bock mehr“, fragte ein Mitglied. Fan-Vize Siggi Schneider versuchte aufzuklären: „Der Pino ist nach wie vor ein echter Cluberer, der will unbedingt, doch er nimmt sich den Bundesliga-Abstieg noch immer sehr zu Herzen, fühlt sich als Alleinschuldiger.“ Größe zeigte Raphael Schäfer. Nach seiner öffentlichen Fan-Schelte nach dem 0:1 gegen Duisburg (AZ berichtete) war der Torhüter bei einigen Fans in die Kritik geraten. Das war auch bei der Versammlung so. Ebenso unüblich wie spontan ergriff der 29-Jährige das Mikrofon: „Wenn da etwas falsch rübergekommen ist, entschuldige ich mich.“
Beim gestrigen Training schienen die Profis die „Abendschulung“ verinnerlicht zu haben. Zweikampfhärte, Spielwitz und ein Hauch von Leidenschaft prägten die rund 60 Minuten. Ein Neuanfang? Wie sagte Andy Wolf doch so treffend: „Wenn sich jeder den A... aufreißt, klappt’s auch wieder besser.“ Nun müssen Taten folgen. Matthias Hertlein