Ab Montag spioniert uns Microsoft aus!

„Bing Street Side“: In Datenschutzfragen ist der Software-Riese noch weniger sensibel als Konkurrent Google
von  Peter Budig
Schöne neue Welt: So wie hier New York sind bald auch deutsche Städte virtuell erkundbar. Den Anfang machen Nürnberg, Fürth und Erlangen.
Schöne neue Welt: So wie hier New York sind bald auch deutsche Städte virtuell erkundbar. Den Anfang machen Nürnberg, Fürth und Erlangen. © AZ-Archiv

NÜRNBERG Am  Montag fangen sie an, fahren durch unsere Straßen: futuristisch anmutende Autos mit schwenkbarer Kamera auf dem Dach. Microsoft will gemeinsam mit Navteq, dem führenden Anbieter digitaler Karten, Häuser in mehr als 50 deutschen Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern fotografieren und später unter dem Namen „Bing Street Side“ ins Netz stellen.

Jeweils fünf bis zehn der silbernen Fahrzeuge werden die Städte auf geheimer Route abfahren, Häuser, Straßen und Plätze filmen. Ähnlich wie es „Google Street View“ vor einem Jahr vorgemacht hat. Microsoft startet seine Aktion im Städtedreieck Nürnberg/ Fürth/Erlangen.

„Streetside erweitert das bereits vorhandene Kartenmaterial um Panorama-Aufnahmen von Plätzen und Straßen und ermöglicht Internetnutzern, „Städte auf Augenhöhe zu erkunden", wirbt der Software-Gigant.

Erst im Nachhinein sollen Ansichten auf Wunsch unkenntlich gemacht werden

Doch was geschieht, wenn Hausbesitzer ihr Eigentum gar nicht im Netz haben wollen? Im Gegensatz zur Google-Praxis ist vor der Bilddatenerhebung bei Microsoft kein Widerspruch gegen die Abbildung des eigenen Hauses vorgesehen. Erst im Nachhinein soll es möglich sein, die Ansichten zu markieren, die unkenntlich werden sollen. Gegen diese nachträgliche „Verdunklung“ laufen Datenschützer Sturm. Auch Thomas Kranig, Leiter des bayerischen Amts für die Datenschutzaufsicht, ist skeptisch: Sollten die Betroffenen erst dann die Löschung der Fotos beantragen können, wenn sie schon im Netz stehen, könnte das Material schon von Dritten kopiert worden sein, mahnt Kranig.

Der Rat von Skeptikern – zu denen in Nürnberg auch Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) gehört, der bereits ankündigte, sein Haus nicht in Onlinediensten sehen zu wollen – ist deshalb: Vorher bei Microsoft Protest einlegen. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat einen Musterbrief für den Einspruch erstellt. Seine rechtliche Bindungskraft ist umstritten. Doch Experten raten dazu, jetzt schriftlich zu reagieren.

Einen Muster-Einspruch im Internet gibt's hier.

Was Datenschutzexperte und Bundestagsabgeordneter Michael Frieser den Nürnbegern rät, lesen Sie in Ihrer AZ-Printausgabe am 23.5.

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