"A Guada hoids aus": Bayerische Weisheiten zur Gesundheit

Schlaue Redewendungen und lustige Heilmethoden waren früher in Bayern üblich - wogegen das Vater Unser hilft und was eine Glatze über ihren Träger aussagt.
Ruth Schormann
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Der Straubinger Stadtmedikus Franz Joseph Oswald schrieb, so steht es in "Obacht geben, länger leben", 1776, dass der Weinrausch nicht so schlimm sei wie der durch Bier, "weil letzterer dicker und schwerer zu verdauen ist".
Der Straubinger Stadtmedikus Franz Joseph Oswald schrieb, so steht es in "Obacht geben, länger leben", 1776, dass der Weinrausch nicht so schlimm sei wie der durch Bier, "weil letzterer dicker und schwerer zu verdauen ist". © Ute Grabowsky/photothek.net/imago

Schlaue Redewendungen und lustige Heilmethoden waren früher in Bayern üblich - wogegen das Vater Unser hilft und was eine Glatze über ihren Träger aussagt

Das Jahr ist ja schon gut losgegangen, wird sich der eine oder die andere denken, wenn eine Grippe oder fiese Erkältung den Januar bestimmen. Aber: "Nie krank ist aa ned gsund", sagt man in Bayern.

In einem kleinen Büchlein widmet sich Helmut A. Seidl, gebürtiger Niederbayer und Professor für Neuere Sprachen in Nürnberg und Augsburg, alten bayerischen Bräuchen und Redensarten rund ums Malaad-Sein (das kommt, wie Sie vermutlich wissen, vom Französischen "malade" - krank).

"Obacht geben, länger leben" - Vorbeugen und Heilen im alten Bayern
"Obacht geben, länger leben" - Vorbeugen und Heilen im alten Bayern © Volk-Verlag

Es handelt sich bei "Obacht geben, länger leben" weniger um einen Gesundheitsratgeber denn einen amüsanten Ausflug in die Kulturgeschichte Bayerns, zu Mythen und Aberglaube, dubiosen Praktiken und fragwürdigen Heilungsmethoden. Beantwortet werden Fragen nach der idealen Rausch-Häufigkeit oder erklärt, was ein langer Husten bedeutete - ein langes Leben!

Ein kurzweiliges Lesevergnügen. Und wir wissen ja alle: Lachen, so heißt es auch, ist die beste Medizin!

Acht der kuriosen Sprüche stellt die AZ hier vor.

1. Übers Aussitzen

Wos vo sölwa kumma is, mou aa vo sölwa wieda gei" - mit dieser Redensart machten die Oberpfälzer deutlich, dass ein Arzt früher meist wirklich nur in allergrößter Not gerufen wurde. Man setzte darauf, Krankheiten ohne Medizin zu überstehen.

2. Über Tapferkeit

Zähne zusammenbeißen - das galt besonders früher als schlauer Ratschlag: "A Guada hoids aus und um an Schlechtn is ned schad", heißt es etwa in Oberbayern über das Annehmen einer Krankheit.

3. Zu Haarausfall

Die Gscheitn werdn plottat, d'Esln werdn graab", soll eine im Bayerischen Wald überlieferte Erklärung für den Haarverlust älterer Herren sein, so Seidl. "Platterte" spielen auch eine große Rolle, wenn sich ein Schnackler, ein Schluckauf, bemerkbar macht. Dann gilt der Rat: "Denk an drei Platterte", heißt es im Buch. Dieser sei auch aus dem Tiroler Raum überliefert.

4. Zum Schlaf

Nicht nur gegen Kater nach dem Trinken galt und gilt Schlaf als probates Heilmittel. Als bayerisches Sprichwort ist laut Seidl hierzu "Zeitig ins Bett und zeitig aus dem Bette macht gesund, klug und reich" überliefert. Das geht, wie viele andere Varianten, so schreibt der Autor, auf den Spruch: "Early to bed and early to rise, makes a man healthy, wealthy and wise" zurück, den Benjamin Franklin populär machte.

5. Gegen den Kropf

Eine Wampe, ein Buckel oder ein Kropf zählten freilich nicht zu den Schönheitsidealen im alten Bayern. Der Kropf war früher laut Seidel weit verbreitet, Strumen, also krankhafte Vergrößerungen der Schilddrüse, gefüchtet. Abhilfe sollte, so berichtet er, etwa in der Gegend um Landshut schaffen, in drei aufeinanderfolgenden Nächten drei Vaterunser zu beten, um den Kropf loszuwerden. Funktionieren sollte das Ganze aber nur bei abnehmendem Mond.

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6. Über Temperatur

Das Wetter spielt für die Gesundheit ebenso eine Rolle wie wohltemperierte Speisen. Im Spruch "Iss warm und trink kalt, aft warst hundert Jahr alt" steckt das Wörtchen "aft" für nachher, dann. Der Ratschlag kursierte, so schreibt Helmut Seidl in seinem Büchlein, besonders im Alpenraum, Möglicherweile übernahmen ihn die Bayern von den Tirolern.

7. Über den Grant

Seelische Belastungen und Gereiztheit schlagen sich auf die Gesundheit - sogar auf drastische Weise, wie ein Sprichwort aus Oberbayern besagt: "Am Grant san scho vui gstorbn". Der Grant, dieses urbairische Lebensgefühl, ist schwer zu definieren. Verkürzt könnte man ihn mit schlechter Laune übersetzen. Ein Grantler ist ein Nörgler. Aber ein sympathischer. Danach geht's ihm besser.

8. Über den Tod

Wiederkehrend taucht ein gewisser Fatalismus in altbairischen Sprüchen auf. Etwa auch in diesem aus Oberbayern, wenn es ums Sterben geht: "Beim Boandlkramer kost di ducka wiast mogst, der maht ziemli tiaf" - Beim Sensenmann kannst du dich noch so tief bücken, er mäht ziemlich tief. Man entkommt ihm also nicht.


"Obacht geben, länger leben" - Vorbeugen und Heilen im alten Bayern (192 Seiten, 20 €) ist im Volk-Verlag erschienen.

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