35 Häuser sollen weg: Schwarzbau-Skandal am Ammersee

Herrsching - Schmucke Holzhäuser, Blumenbeete, Badeweiher, Grillplätze, aufgestapeltes Brennholz für den Kamin: Am Rand von Herrsching am Ammersee haben sich gestresste Großstadtmenschen und Naturliebhaber ein kleines Paradies geschaffen. Doch die Idylle ist in Gefahr. Das Landratsamt Starnberg hat angeordnet, dass die 35 Häuser in der Gartenkolonie dem Erdboden gleich gemacht werden müssen. Aus der Anordnung des Landratsamtes, die schon vor sechs Jahren getroffen wurde, ist ein juristischer Dauerclinch geworden. 20 Besitzer der Grundstücke wehren sich vehement gegen den Abriss ihrer Wochenendhäuser und sind vor das Münchner Verwaltungsgericht gezogen. Am Donnerstag will sich das Gericht bei einem Ortstermin den Streitfall ganz aus der Nähe ansehen.
„Da wurden halt seit Jahren die Augen in der Gemeinde verschlossen“
Für das Landratsamt Starnberg ist die rechtliche Lage eindeutig. „Die Häuser“, erklärt Behördensprecher Stefan Diebl, „wurden ohne Genehmigung gebaut und befinden sich darüber hinaus auch noch in einem Landschaftsschutzgebiet.“ Er weist auch noch darauf hin, dass sich die Gemeinde in den vergangenen Jahren nicht um eine Lösung bemüht habe. Die Grundstückseigner machen dagegen eine ganz andere Rechnung auf. „Sie berufen sich auf so genannten Bestandsschutz“, erläutert Christina Schnölzer vom Verwaltungsgericht die rechtliche Gegenposition.
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Sie spricht damit ein Thema an, zu dem man sich in Herrsching nicht oder nur hinter vorgehaltener Hand unterhalten will. Ein Herrschinger, der in der Nähe des umstrittenen Areals wohnt, bringt es deutlicher auf den Punkt: „Da wurden halt seit vielen, vielen Jahren die Augen in der Gemeindeverwaltung verschlossen.“
Der Bürgermeister will sich dazu nicht äußern
Bürgermeister Christian Schiller, der das Schwarzbau-Problem seiner Vorgänger übernahm, ging bei einer AZ-Anfrage gleich auf Tauchstation. Über seine Vorzimmerdame ließ er lediglich ausrichten, dass er mit dem Streit nichts zu tun habe und deshalb auch nichts sagen wolle. Im Landratsamt werden solche Äußerungen mit erkennbarer Süffisanz aufgenommen. „Naja, die Schwarzbauten entstanden immerhin auf Herrschinger Gemeindegrund. Das wird nicht unentdeckt geblieben sein“, kommentiert Behördensprecher Diebl die Rolle der Gemeinde.
Das Argument der Parzellenbesitzer, dass die Häuser bereits Jahrzehnte bestehen und bis zur Abrissverfügung toleriert und nie beanstandet wurden, ist nicht ohne weiteres vom Tisch zu wischen. Das könnte dazu führen, dass der von ihnen reklamierte Bestandsschutz tatsächlich greifen könnte und die Schwarzbauten stehen bleiben dürfen. „Es hat halt keinen richtig interessiert, was hier passiert“, sagt der Nachbar. Seines Wissens zufolge entstanden die ersten Wochenendhäuser in den 60er Jahren. Eine Zeitlang werden die 35 Häuser noch stehen bleiben. Mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist am Donnerstag nicht zu rechnen.