162 Millionen Euro: Immer mehr Nürnberger gehen stiften
Der Boom hält an: Die Stadtkämmerei verwaltet jetzt 40 Stiftungen. Mit dem Ertrag kann jedes Jahr in über 9000 Fällen bedürftigen Nürnbergern geholfen werden
NÜRNBERG In seiner Schulzeit hat Harald Riedel (48) davon profitiert. „Die Sigmund-Schuckert-Stiftung hat mich einige Zeit unterstützt. Der Betrag war zwar nicht sehr hoch. Aber er hat über manchen Engpass geholfen“, erzählt Nürnbergs Stadtkämmerer. Jetzt ist er Herr über die 40 Stiftungen mit einem Vermögen von 162 Millionen Euro, die die Stadt Nürnberg verwaltet – was in Zeiten der Wirtschaftskrise nicht einfach ist.
„Das Vermögen muss erhalten werden. Eine Stiftung ist auf Ewigkeit angelegt“, erläutert Christian Reichel, der für die Stiftungsverwaltung nach Anlagemöglichkeiten sucht. Ein Zocker, der an den Aktienmärkten Monopoly spielt, ist er nicht. Wenn er Wertpapiere kauft, dann meist festverzinsliche mit geringstem Risiko. „Lieber bekommen wir einige Zehntel weniger, als in Risikopapiere zu investieren. Über die Jahre haben wir im Durchschnitt eine Rendite von vier Prozent erreicht“, sagt Reichel. 2009 könnte es „krisenbedingt etwas weniger sein“.
Doch die Stiftungs-Experten im Rathaus kümmern sich nicht nur um Geldanlagen. Sie verwalten unter anderem 28 Wohnhäuser mit 346 Wohnungen, drei Geschäftshäuser, zwei Gastwirtschaften und 505 Hektar Wald – insgesamt ein Sachvermögen von 35 Millionen Euro. Der Wald bei Schnaittach gehört zur Heilig-Geist-Stiftung, die 1339 Konrad Groß eingerichtet hat, und aus der seitdem Bedürftige in der Stadt unterstützt werden. „Das ist unsere älteste Stiftung“, sagt Kämmerer Riedel.
300 bis 4000 Euro jährlich für Schüler und Studenten
Immer mehr Nürnberger gehen stiften. Zu den von der Stadt verwalteten kommen weiter Stiftungen. So füllt die Sparkasse aus ihrem Gewinn ihre Zukunftsstiftung auf. Bis 2015 sollen 83 Millionen Euro zusammenkommen. Bisher sind es 40 Millionen. Schon jetzt werden jedes Jahr Projekte im Bereich Kultur, Wissenschaft, Jugend und Sport gefördert. Wer keine eigene Stiftung einrichten will, kann sich beispielsweise an der Bürgerstiftung beteiligen.
Ein Grund für den Boom ist sicher das Steuerrecht. „Innerhalb von zehn Jahren können vom Stifter und von seiner Ehefrau jeweils eine Million Euro steuerlich geltend gemacht werden“, erläutert Riedel. Außerdem sind Erträge aus Stiftungsvermögen steuerfrei. „Wichtig ist, dass die Stiftung der Stadt und den Bürgern zugute kommt“, sagt Riedel. Künftige Stifter werden von seinem Team beraten. Gemeinsam werden Satzung und Zweck der Stiftung erarbeitet. Und – ganz wichtig – der Name. Denn in dem lebt der Stifter weiter.
2008 wurden rund 5,2 Millionen Euro ausgeschüttet, 2009 waren es in den ersten zehn Monaten 4,6 Millionen. In über 9000 Fällen halfen die Stiftungen. Unterstützt werden Schüler und Studenten mit Stipendien von 300 bis 4000 Euro pro Jahr. Hilfe gibt es auch für sozial Schwache. „Wir arbeiten eng mit dem Sozialdienst zusammen, der den Bedarf prüft und die Anfragen an uns weiterleitet“, sagt Riedel. Aus Stiftungsmitteln wird dann etwa ein Kühlschrank oder die Rechnung für eine teure Zahnbehandlung bezahlt. Zudem werden Kunst, Wissenschaft und Forschung gefördert. Auch für Tiere, Bauwerke und das Bildungszentrum für Blinde gibt’s Geld. Die Birkner Stiftung fördert den Ausbau des Nürnberger Klinikums. Und vor kurzem wurde die Medienausstattung der evangelischen Jugendkirche Lux mit 5000 Euro aus der Kost-Pocher’schen Stiftung gefördert.
Kämmerer Riedel hofft, dass die Nürnberger weiterhin stiften gehen. „Wir haben viel Bedarf an Hilfe in Nürnberg. Und die Stadt kann nicht alles regeln. Deshalb ist es so wichtig, dass Bürger etwas für Bürger tun.“
Michael Reiner
Mehr Infos über die einzelnen Nürnberger Stiftungen finden Sie in der Print-Ausgabe Ihrer AZ am Montag, 25.01.Informationen für Stiftungswillige und Nürnberger, die Unterstützung beantragen wollen: Stiftungsverwaltung der Stadt Nürnberg, Theresienstraße 1, 90403 Nürnberg, Tel. 0911/ 231- 2631, stiftungsverwaltung@stadt.nuernberg.de.
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